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Markus Rammerstorfer: „Nur eine Illusion?“

Biologie und Design
Tectum-Verlag, Marburg, Pb., 152 S., 8 Abb.


Nachfolgend eine Rezension von Reinhard Junker:

Dieses unscheinbare Buch über „Design in der Biologie“ hat es in sich und ist seinen Kaufpreis unbedingt wert! Der Autor hat schon seit Jahren durch seine Internetpräsentation www.intelligentdesign.de.vu gezeigt, daß er mit der behandelten Materie bestens vertraut ist. Mit diesem Buch präsentiert er nun einen klar aufgebauten Überblick über den Ansatz „Intelligent Design“ (ID) und die damit verbundenen strittigen Fragen. Mit den Aktivitäten der ID-Bewegung hält sich das Buch nicht auf, sondern geht gleich in medias res: es geht um die Sache, nicht um Politik.

In den ersten Kapiteln zeigt Rammerstorfer, unterstützt durch zahlreiche Zitate von Biologen, daß der Eindruck von Planung in der Organismenwelt überwältigend ist. „Leben surft“ (Kap. 2) – das heißt es nutzt naturgesetz-liche Prozesse statt ihnen ausgeliefert zu sein. Das macht den entscheidenden Unterschied in der Komplexität der Konstruktionen und Stoffwechselsysteme der Lebewesen und Komplexitäten in der abiotischen Welt (etwa eines Schneekristalls) aus. Letztere sind bloße Effekte von Gesetzmäßigkeiten. Viele Teile der Lebewesen (insbesondere der Zellen) können dagegen treffend als Maschinen bezeichnet werden; es hat gute Gründe, daß viele Biologen den Vergleich mit der Technik häufig ziehen. Dabei haben die Lebewesen technischen Maschinen bislang sogar noch etwas Entscheidendes voraus, nämlich Nano-Technik. Eines von vielen in Rammerstorfers Buch wiedergegebenen Zitaten: „Indeed, the entire cell can be viewed as a factory that contains an elaborate network of inter-locking assembly lines, each of which is composed of a set of large protein machines“ (Bruce Alberts, Zellbiologe und bekannter Lehrbuchautor; Zitat S. 17).

Die molekularen Maschinen in Analogie zu menschgemachten Maschinen zu erforschen (und mithin von intelligentem Design auszugehen) hat sich längst als „heuristisch exzellenter Ansatz“ herausgestellt. Denn bei allen Unterschieden teilen Organismen mit der Technik einen wesentlichen Aspekt: „Teleologie. Organismen wirken insgesamt hochgradig zielgerichtet“ (S. 23). Im Gegensatz zur Physik ist die Frage „Wozu?“ nicht nur sinnvoll, sondern notwendig, um das Beobachtete verstehen zu können (Kap. 4 und 5).

In diesem Zusammenhang stellt sich folgerichtig die Frage der Beweislast pro oder kontra ID: „Muss man sich tatsächlich verteidigen, wenn man die Zielgerichtetheit, bzw. den Anschein von Planung in der Organismenwelt, als real ansieht und daher auf eine planende Instanz schließt?“ (S. 5). Die Bringschuld sieht der Autor bei denjenigen, die das offenkundige Design als Schein entlarven wollen (Kap. 6). An dieser Stelle wenden Biologen seit Darwin nämlich ein: Diese Zielgerichtetheit sei nur eine scheinbare – eine Illusion. In Wirklichkeit müsse sie als Ergebnis zielloser und ungelenkter evolutionärer Prozesse begriffen werden. Es handle sich sozusagen um Zielgerich-tetheit ohne Ziel und dadurch ohne Zielgebung und ohne Planung; sie komme deshalb auch ohne eine planende Instanz (oder einen „Designer“) aus.

Der Einwand von der Illusion einer Zielgerichtetheit wird mit drei Argumentationslinien begründet: 1. Seit Darwin habe man einen Mechanismus gefunden, der Teleologie produziere, wie sie in der belebten Welt aufscheint. 2. Es gebe dysteleologische Strukturen (Konstruktionsfehler), die keinem Planer unterlaufen wären. 3. Die ganze Debatte habe a priori in der Wissenschaft nichts zu suchen. Mit diesen Einwänden befaßt sich Rammerstorfer ausführlich in den Kapiteln 7-10 und weist überzeugend nach, daß alle drei Argumentationslinien gegen Planung nicht ausreichend stark sind, um den ID-Ansatz von der Wissenschaftsbühne zu entfernen. „Daraus ergibt sich die Konsequenz, dass das ‘Design-Argument’ im Kontext der biologischen Ursprungsforschung grundsätzlich ‘im Rennen’ ist“, stellt der Autor im Vorwort fest (S. 5).

Der Einwand von der Illusion einer Zielgerichtetheit wird mit drei Argumentationslinien begründet: 1. Seit Darwin habe man einen Mechanismus gefunden, der Teleologie produziere, wie sie in der belebten Welt aufscheint. 2. Es gebe dysteleologische Strukturen (Konstruktionsfehler), die keinem Planer unterlaufen wären. 3. Die ganze Debatte habe a priori in der Wissenschaft nichts zu suchen. Mit diesen Einwänden befaßt sich Rammerstorfer ausführlich in den Kapiteln 7-10 und weist überzeugend nach, daß alle drei Argumentationslinien gegen Planung nicht ausreichend stark sind, um den ID-Ansatz von der Wissenschaftsbühne zu entfernen. „Daraus ergibt sich die Konsequenz, dass das ‘Design-Argument’ im Kontext der biologischen Ursprungsforschung grundsätzlich ‘im Rennen’ ist“, stellt der Autor im Vorwort fest (S. 5).

Der erste Einwand, man kenne seit Darwin einen ungericheten Mechanismus, der Design erzeuge, speist sich aus der Tatsache der Selbstreproduktion und Variationsfähigkeit der Lebewesen. Diese Fähigkeiten haben sie den technischen Konstruktionen voraus. Rammerstorfer kontert diesen Einwand mit der wichtigen Unterscheidung von Mikroevolution und Makroevolution: Die Selbstreproduktion und Variationsfähigkeit der Lebewesen erklären nicht den Ursprung evolutiver Neuheiten, ein Umstand, den in letzten Jahren auch manche Evolutionstheoretiker eingeräumt haben und daher nach neuen Erklärungsansätzen suchen (vor allem „EvoDevo“-Forscher). Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der Hinweis, daß Evolutionstheoretiker selbst evolutionskritisch argumentieren, wenn sie zu erklären versuchen, weshalb es bestimmte Konstruktionen nicht gebe, nämlich solche, die auf graduellem Wege nicht entstehen könnten (so spricht ausgerechnet der Erz-Neodarwinist Richard Dawkins von der Notwendigkeit einer „graduellen Rampe“!).

Mit dem, was Designer (vermeintlich) nicht täten, befaßt sich der Autor in Kapitel 8. Dahinter verbirgt sich eines der Standardargumente gegen intelligentes Design bei den Lebewesen: Es gebe zahlreiche Design-Fehler, Konstruktionsmängel, Dysfunktionalitäten, die gegen das Wirken eines Designers sprechen sollen. Dieses im Kern theologische Argument kann aber auf vielerlei Weise widerlegt oder wenigstens geschwächt werden. Rammers-torfer nennt und erläutert unter anderem: 1. Weitere Forschungen anstellen, um die Funktionskenntnisse auszubauen (auf diese Weise sind schon viele Organe aus der Liste der „Fehlkonstruktionen“ ausgeschieden); 2. Die Notwendigkeit von Design-Kompromissen (Organe erfüllen in der Regel mehrere Funktionen, was Kompromisse unerläßlich macht); 3. Andersartigkeit (lebendige Konstruktionen haben häufig andere Erfordernisse als vergleichbare technische Geräte) und 4. Heuristischer Wert (die Mutmaßung einer Fehlkonstruktion bietet aus der Perspektive des ID-Ansatzes eine Motivation, den vermeintlichen Fehler durch weitere Forschung als unbegründet zu erweisen). Der Autor dreht zudem noch den Spieß um und zeigt, daß Design-Fehler auch evolutionstheoretisch in der Regel gar nicht zu erwarten sind und durch Evolution häufig gar nicht erklärt werden. Außerdem sind solche Beispiele, bei welchen es sich um bloße Degenerationen handelt, kein Argument gegen ursprünglich optimales Design.

Im 9. Kapitel setzt sich der Autor mit der Kritik am Analogieschluß von technischem auf lebendiges Design auseinander und verteidigt diesen Schluß gegen kritische Einwände. Wichtig ist auch: Das Design-Argument lebt nicht von Nichtwissen oder von Wissenslücken, sondern kann umso zwingender begründet (oder auch zerstreut) werden, je besser der betreffende Gegenstand erforscht ist.

Schließlich befaßt sich Rammerstorfer mit der Frage, ob ID überhaupt Wissenschaft sein könne. Den sog. „methodischen Naturalismus“ betrachtet er als Werkzeug, das zwar sehr nützlich sei, aber in Fragen der Herkunft nicht das einzige Erkenntniswerkzeug sein müsse. Denn: „Die Frage nach Planung und der Versuch, intelligenzlose Prozesse von Planung zu unterscheiden, ist sicher eine legitime wissenschaftliche Unternehmung“ (S. 113).

Der Autor ist sich der Grenzen seiner Unternehmung mit seinem Buch bewußt: Es gehe ihm „nur“ darum, für ID in der Ursprungsdebatte einen legitimen Platz zu erkämpfen (S. 115) – dies ist ihm nach Ansicht des Rezensenten bestens gelungen. Die eigentliche Arbeit beginne damit aber erst. Eine erst noch zu entwickelnde „Generaltheorie Intelligenten Designs“ (die im Anhang kurz angerissen wird) müsse das Ziel verfolgen, „aufbauend auf den verfügbaren naturwissenschaftlichen Daten – testbare Ansätze darüber vorzulegen, welche Rolle Intelligenz genau gespielt hat.“ Eine solche Generaltheorie würde auch den heuristischen Wert des ID-Ansatzes weiter steigern, also die Gewinnung neuer Erkenntnisse anregen.

Der Vollständigkeit halber seien noch zwei weitere Themen erwähnt, die im Anhang behandelt werden: Zum einen die Frage „Wer schuf den Designer? – Infiniter Regress?“ und zum anderen „Schöpfungsbasierte Argumente für Evolution“ (dabei geht es hauptsächlich um die Universalität des genetischen Codes).

Wer dieses Buch gelesen hat, wird die zahlreichen oft undurchdachten und haltlosen Einwände gegen den „Intelligent Design“-Ansatz mit guten Argumenten abwehren können. Darüber hinaus ist das Buch eine Fundgrube aussagekräftiger Zitate rund ums Thema „Design“ und vermittelt viele anregende Gedanken. Für alle, die sich mit diesem Thema beschäftigen, ist die Lektüre daher eindeutig ein „Muß“. Aber auch für Leser, die diesen Ansatz bisher nicht oder nur am Rande kannten, bietet Rammerstorfers Buch eine kurzweilige und informative Einführung in eine spannende und brandaktuelle Thematik.

 

Nur eine Illusion?
Markus Rammerstorfer Nur eine Illusion? 19,90 *

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