Regeln zur Auseinandersetzung um die Evolutionslehre
„Wie begegne ich dem Andersdenkenden?“ Diese Frage muß sich jeder Christ vorlegen, dem es am Herzen liegt, die Frohe Botschaft weiterzusagen. Ob das, was ich dem anderen mitteilen möchte, auch wirklich ankommt, hängt wesentlich davon ab, „mit welchem Ton die Musik gespielt“ wird. Das gilt nicht nur für das christliche Zeugnis, sondern für das Zusammenleben allgemein. Es gilt aber auch in besonderer Weise in der Auseinandersetzung um die Evolutions- und Schöpfungsfrage, denn hier stehen sich in der Sache oft sehr verschiedene Anschauungen gegenüber, die nicht nur das Denken, sondern darüber hinaus auch die ganze menschliche Existenz betreffen. Viele werden hier schon die Erfahrung gemacht haben, daß in solchen Auseinandersetzungen bei weitem nicht nur wissenschaftliche Argumente zählen.
Vor diesem Hintergrund verstehen sich die nachfolgenden „Regeln“. Sie resultieren aus zahlreichen Gesprächen und Diskussionen und haben sich nach der Erfahrung der Autoren sehr bewährt.
Inhalt
- Informieren Sie sich. Sie müssen wissen, wovon Sie reden.
- Lassen Sie Ihr Gegenüber zu Wort kommen. Zeigen Sie Lernbereitschaft.
- Wissenschaft ist vorläufig. Auch Sie könnten irren.
- Versuchen Sie niemals, die Wahrheit der Bibel durch wissenschaftliche Argumente zu beweisen.
- Wenn Sie etwas nicht wissen, sollten Sie das nicht verbergen.
- Vergegenwärtigen Sie sich, wo Sie auf der wissenschaftlichen und wo Sie auf der glaubensmäßigen Ebene argumentieren.
- Bleiben Sie sachlich. Polemik kommt vom Teufel. Mit Lacherfolgen unter den Gläubigen dienen Sie der Sache Gottes nicht.
- Wenn es hart auf hart geht, dann denken Sie an das Gebot Jesu: „Liebe deine Feinde“
1. Informieren Sie sich. Sie müssen wissen, wovon Sie reden.
So einleuchtend diese erste Regel sein mag, so erhebt sich doch sofort der Einwand: Man ist doch (in der Regel) kein Fachmann und kann es auch nicht sein. Außerdem gibt es außer der Schöpfungsfrage viele andere wichtige Fragestellungen, und man kann nicht überall die nötigen Kenntnisse haben. Und schließlich ist auch der Fachmann Laie auf anderen Gebieten. Kann man dann als Laie gar nichts sagen? Doch, nämlich:
- Es besteht die Möglichkeit, auf die biblische Motivation für die eigene Sichtweise hinzuweisen: Dies ist eine gute Chance zum christlichen Zeugnis, das nicht darin besteht, sich auf einem Gebiet besonders gut auszukennen, sondern auf Jesus Christus, die Bibel und eigene Erfahrungen mit ihm hinzuweisen.
- Man kann auf Literatur oder Seminarangebote hinweisen und Möglichkeiten anbieten, wie der Gesprächspartner sich mit dem Thema weiter beschäftigen könnte. Derjenige, dem das Thema wirklich wichtig ist, wird darauf eingehen.
- Einige Kernargumente kann sich auch der Laie aneignen, der jedoch wissen sollte, wo die Detailargumente zu finden sind.
- Auch ohne Spezialkenntnisse kann auf die Vorläufigkeit der Wissenschaft verwiesen werden.
- Schließlich kann man den Weltanschauungscharakter der Evolutionslehre aufzeigen.
2. Lassen Sie Ihr Gegenüber zu Wort kommen. Zeigen Sie Lernbereitschaft.
Das ist ein Gebot der Liebe. Wer den anderen ernst nimmt, hört ihm zu und versucht, sich in ihn hineinzudenken. Den anderen zu verstehen kostet u. U. viel Zeit. Außerdem weiß ich selbst schließlich auch nicht alles und kann vom anderen vieles lernen, auch wenn er in Grundfragen anders denkt als ich. Wir sollten jedermann seinen eigenen Standpunkt zugestehen, auch wenn wir ihm nicht folgen können.
3. Wissenschaft ist vorläufig. Auch Sie könnten irren.
Die Vorläufigkeit der Wissenschaft gilt auch dann, wenn sie unter biblischen Vorzeichen geschieht. In der Schöpfungsforschung ist zwischen den biblischen Inhalten einerseits und den darauf aufgebauten wissenschaftlichen Theorien andererseits zu unterscheiden. Wir bezeugen das Heilsangebot in Jesus Christus, nicht schöpfungswissenschaftliche Theorien. Letztere haben nur eine dienende Funktion, nämlich die „Denkmöglichkeit des Glaubens“ auszuloten, d. h. zu zeigen, daß das (wirkliche) Wissen dem Glauben nicht entgegensteht.
4. Versuchen Sie niemals, die Wahrheit der Bibel durch wissenschaftliche Argumente zu beweisen.
Es ist nicht möglich, biblische Aussagen wissenschaftlich argumentierend zu beweisen. In der Bibel ist vom Handeln und Wirken des lebendigen Gottes die Rede; dieses läßt sich niemals mit den methodisch begrenzten Mitteln des naturwissenschaftlichen Erkennens erfassen. Beweisen schließt nämlich ein vollständiges Erfassen aufgrund von Erfahrung und Logik ein. Das Unterfangen, biblische Aussagen wissenschaftlich beweisen zu wollen, ist also prinzipiell zum Scheitern verurteilt.
Gewichtiger ist aber noch, daß mit einem scheinbaren Beweis biblischer Offenbarungsinhalte ein falsches Fundament gelegt würde: nicht mehr das biblische Wort wäre die Basis, sondern der erkennende menschliche Verstand. Aus Hebräer 11,3 geht jedoch deutlich hervor, daß der Glaube vor dem Wissen steht. Freilich kann das Wissen helfende Funktion haben, und die Arbeit der SG Wort und Wissen dient u. a. diesem Zweck. Aber Wissen kann Glauben nicht ersetzen, sondern – richtig eingesetzt – nur dazu hinführen.
5. Wenn Sie etwas nicht wissen, sollten Sie das nicht verbergen.
Es ist keine Schande, etwas nicht zu wissen. Niemand verübelt einem Nichtwissen. Aber mit Recht wird beanstandet, wenn man Nichtwissen durch leeres Gerede verstecken möchte. Nochmals müssen wir uns die Frage stellen, worauf unser Glaube beruht: auf unseren guten Argumenten oder auf dem Wort Gottes?
6. Vergegenwärtigen Sie sich, wo Sie auf der wissenschaftlichen und wo Sie auf der glaubensmäßigen Ebene argumentieren.
In der Beschäftigung mit Fragen im Spannungsfeld von Glauben und Wissen ist es generell wichtig, die zwei Ebenen des wissenschaftlichen Aussagebereichs einerseits und der biblischen Offenbarung andererseits zu unterscheiden. Wenn auch beide Ebene vielfältig miteinander verbunden sind („Wort und Wissen“ steht als Kürzel und Programm gerade dafür), sind sie doch unterscheidbar. Beispielsweise ist es eine glaubensmäßige Aussage, daß der Mensch zum Bilde Gottes geschaffen ist. Diese Aussage kann niemals mit Methoden der Beobachtung und des Experiments überprüft werden. Eine wissenschaftliche Aussage ist in diesem Zusammenhang beispielsweise, inwiefern sich Menschen und Menschenaffen in anatomischer Hinsicht unterscheiden. Solche Unterschiede können niemals begründen, daß der Mensch zum Bilde Gottes geschaffen ist. Sie können allerdings im Rahmen dieser Glaubenssicht gedeutet werden (Verbindung von Glauben und Wissen).
7. Bleiben Sie sachlich. Polemik kommt vom Teufel. Mit Lacherfolgen unter den Gläubigen dienen Sie der Sache Gottes nicht.
Was ist Polemik? Das ist manchmal gar nicht so einfach festzustellen. Es gehört wohl alles dazu, was den Gesprächspartner oder Leser unnötig beleidigen könnte oder was einen unnötigerweise hindert, eine Aussage zur Kenntnis zu nehmen. In unklaren Fällen bietet sich eine Selbstprüfung an: Wie würde eine Redewendung auf mich wirken?
Zur Illustration ein kleines Beispiel: Statt der abwertenden Wendung „Als Beweis für . . . sollen . . . herhalten“ kann man auch verbindender sagen: „Als Beweis gelten . . .“.
Das Vermeiden von Polemik garantiert einem zwar nicht, daß dieser Vorwurf (unberechtigterweise) dennoch kommen kann, doch muß es unsere Sorge sein, berechtigte Vorwürfe zu vermeiden.
8. Wenn es hart auf hart geht, dann denken Sie an das Gebot Jesu: „Liebe deine Feinde“
Diese letzte Regel, die alle anderen umfaßt (vgl. Mt 22,35-40: das vornehmste Gebot), ist natürlich nicht als Feindbild gemeint. Unser Gegenüber kann sich aber feindselig verhalten; dann gilt Jesu Gebot.
Achten Sie also darauf, wo die wirklichen Fronten liegen. Denken Sie daran, daß sich ein geistlicher Kampf abspielt (Eph 6,11ff; 2 Kor 10,3-6). Es geht hier letztlich nicht um intellektuelle Probleme. Unsere Gesprächspartner sind Menschen, die wir lieben und für Jesus Christus gewinnen sollen. Dazu brauchen wir ein klares Zeugnis und eine Haltung der Liebe. Unabdingbare Voraussetzung für beides ist die dauerhafte Verbindung mit Jesus Christus.