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Wachstum fossiler Organismen, Erdrotation und Geochronologie: Waren die Tage vorzeiten kürzer?


Artikel als PDF-Datei (86 Seiten, 2977 KB, Stand: 29.03.2022)

Fragestellung

„Die Erde drehte sich am Ende der Zeit der Dinosaurier schneller als heute: 372 Mal im Jahr verglichen mit derzeit 365 Mal – nach einer neuen Studie über fossile Weichtierschalen der späten Kreide. Dies bedeutet, dass ein Tag nur 23 und eine halbe Stunde dauerte (…).“ So beginnt die Pressemitteilung der American Geophysical Union (AGU) vom 9. März 2020 zu einer Studie von de Winter et al. (2020) in der Fachzeitschrift Paleoceanography and Paleoclimatology.

Dass fossile Organismen als Geochronometer verwendet werden, geht zurück bis auf Wells (1963). Er zählte an devonischen Korallen 400 Wachstumslinien pro Jahr ab. Weitere derartige Studien über Periodizitäten des Skelettwachstums, die neben Korallen hauptsächlich an Muscheln vorgenommen worden sind, zeigen im Verlauf der geologischen Zeit eine graduelle Abnahme der Anzahl der Tage pro Jahr bzw. eine graduelle Zunahme der Länge des Tages.

Dieser graduelle Verlauf stimmt weitgehend überein mit einer astronomischen Rückwärtsprojektion der ermittelten (historischen) Rate der Verlängerung des Tages von 2 Millisekunden pro 100 Jahre. Die Zunahme der Tageslänge wird als Effekt der Gezeitenreibung des Mondes betrachtet, die eine Abbremsung der Rotation der Erde bewirkt. Insofern gilt direkt oder indirekt, dass das paläontologische Datenmaterial einerseits die astronomische Theorie und andererseits die radiometrische Datierung verifiziert und validiert.

Es wird hier die Frage gestellt, ob und in welchem Umfang ein Zusammenhang zwischen dem Skelettwachstum fossiler Organismen, der Rotationsrate der Erde und der Eichung der chronostratigraphischen Tabelle mit radiometrischen Alterswerten besteht. Oder – mit anderen Worten – wird danach gefragt, ob die Tage vorzeiten wirklich kürzer waren.

 

Inhalt

1            Fragestellung

2            Einführung

2.1         Periodisches Wachstum hartteilbildender Organismen

2.2         Erdrotation und Zeit

2.3         Geochronologie und geologische Zeitskala

2.4         Fragliche Periodizitäten und spektrale Analyse

3            Paläontologische Daten und ihre Interpretation: Wachstumsinkremente und Periodizitäten

3.1         Korallen

3.1.1      Wells (1963, 1966)

3.1.2      Wells (1970)

3.1.3      Scrutton (1965, 1970)

3.1.4      Mazzullo (1971)

3.1.5      Johnson & Nudds (1975)

3.2         Muscheln, Teil I

3.2.1      Berry & Barker (1968)

3.2.2      Berry & Barker (1975)

3.2.3      Pannella et al. (1968)

3.2.4      Pannella (1972a)

3.2.5      Pannella (1975)

3.3         Stromatolithe

3.3.1      McGugan (1968)

3.3.2      Pannella (1972a, 1972b, 1975)

3.4         Brachiopoden, Cephalopoden

3.5         Review

3.5.1      Scrutton (1978)

3.6         Muscheln, Teil II

3.6.1      de Winter et al. (2020)

3.6.1.1   Jahreszyklus

3.6.1.2   Tageszyklus

3.6.1.3   Altersmodell

3.6.1.4   Anzahl Tage pro Jahr im Campanium (Oberkreide)

3.6.1.5   Länge des Tages im Campanium (Oberkreide)

3.6.1.6   Zielgerichtete Produktion des Ergebnisses?

3.6.1.7   Fazit

4            Versuch einer Harmonisierung astronomischer und geophysikalischer Zeit-Deduktionen mit „paläontologischen Chronometern“

4.1         Ansinnen und Methodik von Wells (1963)

4.2         „Kürzere Tage“ als Tatsache

4.3         Moderne Wissenschaftskommunikation

4.4         Keine Verifizierung der geologischen Zeitskala, keine Verifizierung des astronomischen Modells

5            Zusammenfassung

Anhang: Diagramme und Tabellen zu Abschnitt 3.6.1