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1. Gott der Offenbarer

Die bisherigen Darlegungen markierten das Sinnapriori von Offenbarungswissen vor allem Vernunft- und Verstandeswissen. Weiter wurde das für die weiteren Bemühungen verpflichtende Grundprinzip herausgestellt: GOTTes Handeln setzt letzte verbindliche Kategorien und Fakten. Alles Erkennen im Wandel der Geschichte ist auf den wirklichkeitsstiftenden Seinsraum des Heilshandelns GOTTes bezogen, ja in ihm lokalisiert. Dieses Sinnapriori von GOTTes Heilshandeln, in dem sich GOTT offenbart und dem Menschen kund tut, gilt es nach den unterscheidbaren Aspekten des GOTTeshandelns zu vertiefen. Im Zielkreuz alles GOTTeshandelns, wie es uns im Schriftzeugnis erschlossen ist, steht der Mensch. Der Schöpfer tritt mit seinem Geschöpf Mensch im Wort in Verbindung. In der Tat der communicatio erschließt sich GOTT dem Menschen nach seinem Ermessen. Das heißt, er offenbart sich seinem Geschöpf. Der Mensch ist dadurch in der Schöpfung ausgezeichnet, daß er in der Anrede GOTTes steht und auch in dem Status der Sünde und der Gefallenheit die Fähigkeit der GOTTeserkenntnis und des Hörens nicht verloren hat. Diese Ermächtigung wird im Präludium der Genesis mit der GOTTesbildlichkeit des Menschen signiert (1).

Der ganze Mensch ist nach dem Zeugnis der Genesis gottesbildlich nach Leib, Seele und Geist erschaffen. In der GOTTesbildlichkeit bleibt der Mensch ermächtigt, in der Offenbarung GOTT zu erkennen. Die anthropologische Seite, die Ermächtigung zur communicatio in Vernunft und Freiheit, ist in diesem Zusammenhang Voraussetzung und wird später explizit berührt. Hier geht es zunächst um die Offenbarungstat GOTTes. Inwiefern erschließt die Selbstmitteilung GOTTes ein verbindliches Sinnapriori der Offenbarung für den Menschen? Wir sagten, daß das Heilshandeln GOTTes in seinen auszulegenden Aspekten den Raum des Seins aufspannt, ja den Raum des Seins konstituiert. Der Raum des Seins ist also besetzt. Die autonome Vernunft frevelt, will sie ihn eigenmächtig okkupieren.

Gibt es irgendeinen Weg, die hier penetrant als tragende Voraussetzung eingeforderte Offenbarung in den Explikaten des Heilshandelns GOTTes erkenntnismäßig zu sichern? Diese Frage stellt sich im Rahmen der allgemeinen Vernunft im Sinne einer allgemeinverständlichen Rechenschaftsablegung über diesen Anspruch; sie stellt sich aber ebenso dringlich innerhalb des theologischen Geschäftes als interne Rechenschaftsablegung über den eigenen Weg.

Zur Sicherung eines verbindlichen Erkenntnisprinzips hat die altprotestantische Orthodoxie mit viel Scharfsinn eine umfangreiche Lehre über die Autorität der Heiligen Schrift entfaltet. Zwei Gefährdungen sollten abgewehrt werden: Einerseits Enthusiasmus und Schwärmertum, die ohne Schriftbindung unmittelbare Geistesleitung und GOTTeserkenntnis beanspruchten, andererseits wurden im katholischen Bereich als Reaktion auf das protestantische sola-scriptura-Prinzip das kirchliche Lehramt und die Tradition neu reflektiert und in den Vordergrund gerückt (2). Seit dem 18. Jahrhundert hat die historisch-kritische Auslegungswissenschaft diese kunstvollen dogmatischen Konstruktionen ihres Glanzes beraubt, ja ihre argumentative Substanz scheinbar völlig abgenagt. Die religionsgeschichtliche Einebnung der biblischen Texte in das allgemein zugängliche schriftliche Traditionsgut der Religionen mit der Tendenz zu einer rein wissenschaftlichen Auslegungslehre nach profanen Methoden unter Absehung von einem verbindlichen Offenbarungsinhalt führt in der Gegenwart in der protestantischen Christenheit zu einer massiven Gegenbewegung: Die historisch-kritische Auslegungsmethode, die profane Hermeneutik ist rundweg zu bestreiten. An Inspiration und Autorität der ganzen Heiligen Schrift Alten und Neuen Testamentes ist festzuhalten! Der Aufstand gegen die radikalen Konsequenzen einer säkularisierten Hermeneutik ist unumgänglich. GERHARD MAIER hat das „Ende der historisch-kritischen Methode“ mit überzeugenden Argumenten diagnostiziert. Er fordert eine historisch-biblische Methode, die sich an die Offenbarungsautorität in der Schrift bindet (3) (4) (5) (6) (7).

Wir Menschen der Gegenwart haben die Offenbarung, die Selbsterschließung GOTTes, bezeugt und vermittelt durch die Heilige Schrift. Der Begriff Heilige Schrift widerspricht aller Einebnung des biblischen Schriften-Kanons in den Bereich religionsgeschichtlicher Dokumente. Indessen ist das Dilemma anzunehmen: Nach der historisch-kritischen Exegese und Bibelwissenschaft, sowie der religionsgeschichtlichen Aufklärung gibt es keine Möglichkeit mehr, die Verbindlichkeit der Offenbarung und Erschließung GOTTes in seinem Heilshandeln durch eine rationale Theorie über die Inspiration und Autorität der Heiligen Schrift zu sichern. Das Heilshandeln GOTTes, entfaltet nach dem Worthandeln, dem Schöpfungs-, Gerichts-, Erwählungs-, Erlösungs- und Vollendungshandeln, füllt, wie wir anzeigten, den Raum des Seins und hält ihn kategorial besetzt. Damit gibt es keinen neutralen, d.h. eigenmächtigen Begriff von Natur oder Geschichte, ebensowenig wie für den kategorialen Raum der Sprache, des Wortes. Schon für HAMANN waren Natur und Geschichte Chiffren für das Handeln GOTTes. Diese Chiffren können durch den Schlüssel der Schrift transparent werden. Der Mensch kann diese Chiffren nur insoweit verstehen und enthüllen, als die biblische Offenbarung Anleitung gibt. Oben wurde mit dieser Zuordnung aufgegriffen, daß HAMANN für uns eine bleibende Aufgabe formuliert. Mit dem neuen Pochen auf die Autorität und Inspiration der Schrift ist Sympathie. Doch die Aporie muß voll ausgehalten werden, daß der Weg nicht über eine rationale Inspirationstheorie gehen kann. Dieser Anspruch kann nur indirekt mit erhellt und abgeklärt werden, insofern, als aus dem Heilshandeln GOTTes ein für das heutige Wissen und Denken verbindlicher Wirklichkeitsbegriff resultiert.

2. Der Mensch als Vernehmender in einer triadischen Schöpfungswirklichkeit

Die GOTTbildlichkeit des Menschen, nach der LUTHER-Übertragung die Ebenbildlichkeit des Geschöpfes, macht ihn hörfähig auf das Wort in den Wörtern (8).
Sie macht ihn auch erkenntnisfähig im Hinblick auf die Chiffren des Handelns GOTTes in Natur und Geschichte. Nach HAMANN und OETINGER sind Natur und Geschichte im Fokus der Schriftinterpretation Offenbarungsquellen. Doch können
wir von einem aktuellen Wirklichkeitsbegriff her Wort, Natur und Geschichte nicht mehr auf einer Sinnebene nebeneinander aufgliedern. Im Einklang mit kompetenten naturphilosophischen Interpreten wie etwa CARL FRIEDRICH VON WEIZSÄCKER und SIR KARL
POPPER gibt es nur ein Wirklichkeitskontinuum, das sich uns in komplementären Aspekten erschließt. VON WEIZSÄCKER hat die Komplementarität von Masse, Energie, Information in einem dynamischen Wirklichkeits-Kontinuum profiliert (9). KARL POPPER spricht von einer
komplementären Drei-Welten-Struktur des Wirklichen: Das erkennende Subjekt ist ein letztlich metaphysisches Seinskomplement, das als primäre Wirklichkeit einer Objektwelt ersten Ranges, nämlich der physikalischen Objektwelt, die mit entsprechenden objektiven
Kategorien und Theorien beschrieben werden kann, und einer sekundären Objekt-Welt, die Informationsprägungen auf dem Medium der Objektwelt I repräsentiert, gegenübersteht (10). Der hier reflektierte Zusammenhang ist die Kategorie der Wortoffenbarung als das primäre Handeln GOTTes. Unter diesem Signum kann nun gemäß dem Diktat aktueller Wirklichkeitsauffassung nicht nur Schrift-Wort verstanden werden. Schrift-Wort im Sinne Heiliger Schrift ist die notwendige Traditions- und Informationsbrücke von den Zeugen her, die GOTTes Reden und Handeln primär erfahren haben. Daß die Heilstaten GOTTes – Anrede, Weisung als Gebot, Zeugnis über die Schöpfungs-, Gerichts-, Erwählungsfakten und das Inkarnations-Faktum – über den Kanal des Schrift-Wortes zu uns gegenwärtigen Menschen kommt, ist selbst ein heilsgeschichtliches, aber eben geschichtlich eingegrenztes Faktum. Heute ist rasche Aufweitung: Schrift-Wort bzw. Information in Buchstaben-Textgestalt ist multimedial ausgebreitet: in Hörfunk und Hör-Reproduktion, vielfältiger Bild- und Film-Kommunikation. Die Bibel wird in den multi-medialen Raum des Film-Video-Mediums transponiert.

Nach dem skizzierten aktuellen Wirklichkeitsbild ist die informative Gestaltung der gesamten Objektwelt das Dominante. Das erkennende Subjekt steht nach POPPER im Wirklichkeitsprimat.

Nach der modernen Wirklichkeitserkenntnis ist der Raum des Seins in drei komplementäre Wirklichkeitswelten gegliedert, für die entsprechend auch verschiedene Kategorienbereiche zur Beschreibung verwendet werden müssen. In der Objektwelt I repräsentiert sich auch das Subjekt in seiner leiblichen Manifestation. Das Subjekt nimmt die Objektwelt I sinnlich wahr. Bei gründlicher Betrachtung der Erkenntnis- und Wahrnehmungsakte ist die Modell-Relation zu beachten.
Die Objektwelt III ist einerseits durch Informations- und Funktionsmuster repräsentiert, die natürlich, d.h. nicht Resultate menschlichen Handelns sind, andererseits durch Informations- und Funktionsmuster, die eindeutig aus menschlichem Handeln
resultieren. Die Objektwelt III ist transsubjektiv. Die auf Substraten der Objektwelt I manifesten Informations- und Funktionsmuster sind zwar selbst kategorial von der trägen Materie abgehoben, können nichtsdestoweniger durch mathematisierbare
Modelle im Rahmen der Informations-, System- und Funktionstheorie objektiv beschrieben werden. Später ist darzulegen, inwiefern Informations- und Funktionsprozesse kategorial nicht aus den physikalischen Raum-Zeit-Bedingungen der Objektwelt I ableitbar
sind (11).

GOTTes Offenbarungshandeln können wir nicht abgesehen von den heute erreichten Wirklichkeitsdifferenzierungen betrachten. Die angesprochene Kategorie Wortoffenbarung ist nach der aufzuweisenden Breite von Objektwelt III ein aus dem Zeichenvorrat
von Buchstaben ausgedrücktes Wort zwischen Buchdeckeln. Wir begreifen die subjekt-transzendente raum-zeitliche Wirklichkeit, gliederbar nach Objektwelt I und Objektwelt III, als informativ geprägt.

Damit hat sie Logoseigenschaft und spricht zum Menschen als Geistperson im Zeichen der GOTTbildlichkeit, der imago dei. Insofern sind – und hier können wir uns HAMANN und OETINGER anschließen – Natur und Geschichte Wort-Chiffren.
Durch sie wird GOTTes Handeln, und in abgeleitetem Sinne auch des Menschen Handeln, transparent. Zum Offenbarungshandeln im Wort gehören die informativen Runen des Gesamtwirklichen, zu dem wir Natur und Geschichte sagen können. GOTTes Handeln nach
den genannten Spezifikationen geht unzweideutig dem Schrift-Wort voraus. GOTTes Handeln konstituiert Natur und Geschichte. Der natürliche Mensch kann nach der „Erkenntnistheorie“ des Neuen Testamentes, insbesondere des Apostels PAULUS, durchaus über
seine Modell- und Theoriebildung (Abb. I, 10) GOTT als den Schöpfer, Erhalter und Richter erahnen. (Röm 1,20.) Im paulinischen Erkenntnisgrundsatz heißt es freilich dann: „EIN NATÜRLICHER MENSCH ABER NIMMT DIE DINGE, DIE DES GEISTES GOTTES
SIND, NICHT AN; DENN TORHEIT SIND SIE IHM UND ER KANN SIE NICHT ERKENNEN, WEIL SIE GEISTLICH BEURTEILT WERDEN MÜSSEN“. (1 Kor 2,14.) In diesem Zusammenhang ist es wohl nicht gefehlt, die Stelle dahin auszulegen, daß das Erlösungs- und Rettungshandeln
nicht aus natürlichen Informationen der Objektwelt I und III (Abb. I, 10) begriffen werden kann.

Hierzu bedarf es nun einer speziellen und zusätzlich verbindlichen Interpretation des Heilshandelns GOTTes, das zweifellos auch Natur und Geschichte mit konstituiert. Für den durch das Heilszeugnis angesprochenen und durch die
Christusoffenbarung überwundenen neuen Menschen ergibt sich eine vertiefte Wirklichkeits- und Erkenntnistheorie. Diese kann das skizzierte natürliche Wirklichkeits- und Erkenntnisschema in sich aufnehmen. Schon die Modell- und Theoriebildung des
durch die biblische Offenbarung erleuchteten Menschen mit seiner ratio fide illustrata verschafft – im Bilde gesprochen – durch das Schrift-Wort aller Modell- und Theoriebildung einen verbindlichen Brennpunkt (Abb. I, 11).

Die Autorität der Schrift ist nicht durch eine rationale Inspirationslehre zu sichern, vielmehr allein durch den im gesamten Schriftzeugnis bezeugten Inhalt des Heilshandelns GOTTes. Diesen Inhalt kann man aber nur im Hören und
Entscheiden als verbindlich wahr erfahren mit allen Konsequenzen. Aus diesem Zirkel kann kein Mensch heraustreten. Der natürliche Mensch, der sich im Hören auf die Botschaft der Schrift ihrer Wahrheit verschließt, ist trotz aller objektiven Maßgeblichkeit
des Zeugnisses, wie es Christen erkennen, außerhalb der Wahrheit. Deshalb ist eine Autorität der Schrift durch keine Mittel rational andemonstrierbar. Nichtsdestoweniger ist ein erweitertes Erkenntnis- und Wirklichkeitsschema darstellbar, das
den von der natürlichen Vernunft erreichten Differenzierungen voll entspricht (Abb.11). Nach den skizzierten Erkenntnis- und Wirklichkeitsschemen hat das Subjekt – Geschöpf Mensch – zur Objektwelt I und III im Seinsraum von Natur und Geschichte nur
Zugang über die Modell- bzw. Theorie-Ebene. Die Wortoffenbarung, die zur Heiligen Schrift durch GOTTes Willen und Tat gerann, ist der Seinskader, in dem die partiellen Modelle und Theorien lokalisiert sind.

Nach FRIEDRICH CHRISTOPH OETINGER ist die Schrift Schlüssel zu aller Natur- und Geschichtswirklichkeit. Die Schrift, vielmehr der in der Christenheit im Kern verbindliche Schriftenkanon, ist selbst Resultante des Heilshandelns GOTTes. Die
Kanonsfrage selbst ist rein historisch bzw. rein rational nicht lösbar. Eine bleibende historische Unsicherheit in der Kanonsfrage ist gleichzeitig ein Hinweis auf das Handeln GOTTes, das einer rationalen Durchdringung verborgen bleibt (12). Wir stoßen hier auf eine Art historisches Unschärfeprinzip. In dieser historisch-rationalen Unschärfe für den rational-kritischen Verstand geschieht das Wunder, daß das Zeugnis vom Heilshandeln
GOTTes von der Schöpfung bis zur Vollendung eindeutig ist.

Folgender Zirkel ist zu beachten: Die faktischen Resultate des Heilshandelns GOTTes in der Völkergeschichte und im Schöpfungsraum liegen vor der schriftlichen Bezeugung. Doch ist uns nur durch den Focus des zur Schrift gewordenen Zeugnisses von
den Heilstaten GOTTes ein Zugang möglich. Wir glauben an die Heilstatsachen GOTTes, wie sie uns in der Heiligen Schrift bezeugt sind. In diesen Zirkel überführt der HEILIGE GEIST. Wir zitieren nocheinmal den Apostel PAULUS mit seinem Erkenntnisgrundsatz:
„DER NATÜRLICHE MENSCH VERNIMMT NICHTS VOM GEISTE GOTTES“.

Von daher sind Theorien auf der Entwurfsebene von wissenschaftlich testbaren Modellen und Theorien zur Sicherung der Unfehlbarkeit, der übermenschlichen Inspiration bzw. der übernatürlichen Autorität abartig. Weil die Heilige Schrift
Geschenk aus dem Heilshandeln GOTTes ist, pochen wir auf ihre Autorität. Die Schriftautorität wird eingelöst im Hören auf das Zeugnis vom Heilshandeln GOTTes, mit dem Resultat, daß das Heilshandeln GOTTes die wahre Natur und Geschichte konstituiert und
damit den Raum des Seins aufspannt, in dem alle partiellen Modelle und Theorien über Wirklichkeit ihren Ort gewinnen. Die Autorität der Heiligen Schrift kann man nicht stärker einfordern, als mit der aus Glauben gewonnen Evidenz, daß das biblische Zeugnis
von der Schöpfung bis zur Vollendung einen verpflichtenden Seinskader für alle Zeiten und alle Wissensbezüge konstituiert. In zweifacher Hinsicht muß an dieser Stelle gewarnt werden:

  1. Der Kader des Seins, den das Heilshandeln GOTTes uns als Denkrahmen schenkt, kann nicht auf der logischen und rationalen Ebene getestet und evtl. falsifiziert werden, wie das mit den partiellen Modell- und Theorie-Konzeptionen der Fachwissenschaften
    geschieht. Nichtsdestoweniger bleibt in allen Wirklichkeitsaspekten die Aufgabe bestehen, die Fruchtbarkeit und Tragfähigkeit dieses geschenkten Seinskaders verstehbar und einsichtig zu machen.
  2. Die zweite Warnung richtet sich noch einmal gegen rationale Unfehlbarkeitstheorien des biblischen Wortes, oder auf übernatürliche Wirkzusammenhänge abhebende Inspirationslehren. Wie GOTT durch Menschen mit ihren natürlichen
    Möglichkeiten und geschichtlichen Bedingheiten gewirkt und gehandelt hat, bleibt letztlich echtes Geheimnis. Es ist Frevel, das echte Geheimnis des Handelns GOTTes mit Menschen, Geschichts- und Naturzusammenhängen zum trivialen Geheimnis zu erniedrigen, das wir durch
    Lüften des Vorhanges, d.h. durch rationale Darstellung aufzuheben hätten.

Wie die weiteren Punkte zeigen sollen, ist das Offenbarungshandeln durch das Wort nicht eingeengt auf das Schriftzeugnis, wiewohl durch das Schriftzeugnis einzigartig wunderbar und verbindlich das Heilshandeln GOTTes bezeugt und erhellt sowie hörsam wird.

LITERATUR

1
Zur Gottesbildlichkeit des Menschen vgl. außer Gen 1, 27-28, Hes 28,12 und Psalm 8, ferner Teil II, Erstes und Zweites Kapitel.

2  vgl. Theodor Haering
Der christliche Glaube (Dogmatik). Calw, Stuttgart 1906, 162ff.

3  Gerhard Maier
Das Ende der historisch-kritischen Methode. Wuppertal 1984; – ders.: Biblische Hermeneutik. – Zur Ablehnung der historischen Kritik vgl. außerdem Armin Sierszyn: Die Bibel im Griff? Historisch-kritische Denkweise und biblische Theologie. Wuppertal 1978

4  René Pache
Inspiration und Autorität der Bibel (Original: L’inspiration et l’autorité de la bible, 1967. Übersetzt von Walther Staub). Wuppertal 1976

5  Helge Stadelmann
Grundlinien eines bibeltreuen Schriftverständnisses. Wuppertal 1985; – ders.: Hermeneutik, Schöpfungszeugnis und Heilsgeschichte. In: Gottfried Meskemper (Hg.): Ansätze zu einem neuen Denken – in Naturwissenschaft, Gesellschaft, Wirtschaft und Theologie (Festschrift für A. E. Wilder-Smith zum 70. Geburtstag). Neuhausen-Stuttgart 1985, 123-142

6  Lutz von Padberg
Die Bibel – Grundlage für Glauben, Denken und Erkennen. Prolegomena zu einer biblischen Erkenntnislehre (Wort und Wissen, Bd. 17) Neuhausen-Stuttgart 1986

7  Eta Linnemann
Wissenschaft oder Meinung? – Anfragen und Alternativen. Neuhausen-Stuttgart 1986. Vgl. auch die Positionskritik in: Joachim Cochlovius, Peter Zimmerling (Hgg.): Evangelische Schriftauslegung – Ein Quellen- und Arbeitsbuch für Studium und Gemeinde. Wuppertal 1987, und Peter Stuhlmachers Kritik an der klassischen historischen Kritik in: Vom Verstehen des Neuen Testaments – Eine Hermeneutik. Göttingen 1986. Dort schreibt er im Vorwort sehr pointiert, der Ausleger müsse „die Rolle des Kritikers, der stets das letzte und entscheidende Wort behalten will, … vertauschen mit dem Part dessen, der zu hören bereit ist, was die Texte aus sich selbst heraus zu sagen haben.“ (aaO, 18). Vgl. auch aaO, 223: „Biblische Schriftauslegung hat der Bibel in … ihrem Wahrheitsvorsprung zu dienen. Sie tut deshalb gut daran, die von 1.Kor 1,18-2,16; 2.Tim 3,14-17 und 2.Petr 1,16-21 her vorgezeichneten Verstehensregeln sorgsam zu bedenken.“

8 
Die Formulierung „Wort in den Wörtern“ erinnert an Karl Barths berühmtes Vorwort zur 2. Auflage seines Römerbrief-Kommentars, wo er im Zusammenhang seiner Kritik an den Auslegungsmethoden der „Historisch-Kritischen“ sagt (ders.: Der Römerbrief. Zürich 1978 (21922), XII): „Tunlichst wenig darf übrigbleiben von jenen Blöcken bloß historischer, bloß gegebener, bloß zufälliger Begrifflichkeiten, tunlichst weitgehend muß die Beziehung der Wörter auf das Wort in den Wörtern aufgedeckt werden.“ – Daß bei Barth das „Wort“ enger (und einseitiger) gefaßt ist als in unseren Ausführungen, wird nicht verborgen bleiben.

9  ders.: Die Einheit der Natur, 342ff.

10  vgl. Karl R. Popper, John C. Eccles
Das Ich und sein Gehirn (Original: The self and its brain – An argument for Interactionism, 1977. Übersetzt von Angela Hartung und Willy Hochkappel). München 1987, 61-77 (Kapitel P2: Die Welten 1,2 und 3). Vgl. außerdem Teil IV. Zweites Kap. 3.2.

11  vgl. Teil IV. Zweites Kap. 3.2. und Horst W. Beck
Zum Leib-Seele-Problem: Evolution der Psyche und des Geistes? In: ders.: Schritte über Grenzen, Bd. 2, 126-145, bes. 138f.

12  vgl. Werner Georg Kümmel
Das Neue Testament – Geschichte der Erforschung seiner Probleme. Freiburg, München 1970. Gerhard Maier geht in seiner Kritik ebenfalls von diesem Tatbestand aus (ders.: Biblische Hermeneutik, 126ff).