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Wort-und-Wissen-Info 4/1999


 

Liebe Freunde von Wort und Wissen

 

Im ausgehenden Jahr 1999 blicken wir auf fünfzig Jahre „Bundesrepublik Deutschland“ zurück. Der erste Bundespräsident, Theodor Heuss, zitierte in seiner Rede zum Amtsantritt 1949 den ersten Teil des bekannten Sprüche-Wortes: „Gerechtigkeit erhöht ein Volk, . . . „ (Sprüche 14,34). Dahinter mag sicher immerhin die Überzeugung gestanden haben, daß stabile Werte auch stabile wirtschaftliche Bedingungen hervorbringen. Man hat allen Grund, heute zu fragen: Ist dieser Wunsch zum Weggeleit der jungen Demokratie in Erfüllung gegangen?

Ohne Frage, aus dem Existenzkampf des nackten Überlebens nach Kriegsende ist in nur fünf Jahrzehnten eine weltweit geachtete Gesellschaftsordnung mit einer führenden Wirtschaftskraft und einem großzügigen Sozialsystem gewachsen. Auf der anderen Seite sind heute auch Krisensymptome, wie z. B. die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit, eine wachsende Staatsverschuldung und die ungelöste Zukunft des Rentenversicherungssystems, unübersehbar. Die gegenwärtigen Kriseneinschätzungen drängen sich besonders auf dem Hintergrund der ungebrochenen Aufwärtsspirale in den „Wirtschaftswunder“-Jahren der jungen Bundesrepublik auf. Zeitzeugnisse der Nachkriegsära vermitteln den Eindruck von Leistungswillen und Aufbauelan, von Hoffnungen und Erwartungen, von Optimismus und Zukunft. Selbst wenn diese „Goldenen Gründerjahre“ und der Erfolgsmythos der Sozialen Marktwirtschaft in der Rückwärtsperspektive allzu gerne nostalgisch verklärt werden, bleibt da ein Kontrast zum heutigen öffentlichen und veröffentlichten Bewußtsein von Lähmung und Skepsis, von Stagnation und Beharrung, von Pessimismus und Unzufriedenheit. Hat die gegenwärtige Wirtschaftskrise vielleicht auch mit einer hintergründigen Wertekrise zu tun?

Zwei Seiten eines wirtschaftlichen Werteverfalls sind heute besonders unübersehbar: eine niedrigere Hemmschwelle zum Betrug (Unwahrheit, Diebstahl) und ein Anspruchsdenken (Besitzstandsdenken, Erwartungshaltung). Diese Werteverzerrungen betreffen das gesamte wirtschaftliche Umfeld, nicht nur Unternehmen, sondern sowohl Arbeitgeber wie Arbeitnehmer, Produzenten wie Konsumenten, Öffentlichkeit wie Individuen, staatliche wie private Entscheidungsträger. Allein der Umfang des in Schwarzarbeit erzeugten Sozialprodukts wird auf 550 Milliarden DM und der durch Versicherungsbetrug angerichtete Schaden auf 150 Milliarden DM pro Jahr geschätzt. Beim Anspruchsdenken kommt zweierlei zusammen, die Überversorgung durch den Staat und die Erwartungshaltung an den Staat. Zum einen vermittelt der Staat leicht den Eindruck, als seien soziale Wohltaten, z. B. Erhaltungssubventionen oder ein engmaschiges soziales Netz, im Überfluß vorhanden. Zum anderen ist die Kultur der Scheu im Schwinden begriffen, mit der eigene Ansprüche geltend gemacht werden. Muß daraus nicht ganz selbstverständlich eine Forderungs- und Empfängermentalität erwachsen?

Die Ethikkrise ist teuer: Nicht nur Lohnsätze und weltweiter Wettbewerb, sondern auch Betrug und Anspruchsdenken kosten Arbeitsplätze und öffentliche Verschuldung. „Gerechtigkeit erhöht ein Volk“, d. h. Werteorientierung bedeutet gesellschaftliche Belastbarkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Aber die Fortsetzung aus Sprüche 14, 34 will auch gehört werden: „. . . aber die Sünde ist der Leute Verderben“, d. h. der Wertekrise folgt auch eine Wirtschaftskrise, dem Verfall des ethischen Kurses auch ein Verfall der ökonomischen Kurse und dem Gewissenseinbruch auch ein Gewinneinbruch.

Die Sozialwissenschaften haben sich immer wieder den Beziehungen zwischen moralischen Grundlagen und wirtschaftlichen Ergebnissen einer Gesellschaftsordnung gewidmet. Vor allem an der Max Weber-These kommt man nicht ohne weiteres vorbei: Sie begründet die über Jahrhunderte nachzuweisende wirtschaftliche Stärke der westlichen Industrieländer, besonders West- und Nordeuropas, Nordamerikas, Australiens usw., mit deren christlichem Ethos auf dem Boden der Reformation. Die reformatorische Glaubensprägung hat eine Wirtschaftsethik hervorgebracht, die großen Einsatzwillen und Leistungselan mit besonderer Sparsamkeit und Aufrichtigkeit verbindet – Voraussetzungen für Effektivität und Effizienz im unternehmerischen Engagement. Diese Werteordnung baut weniger auf materielle (Einkommen, Macht) oder postmaterielle Motivatoren (Anerkennung, Selbstverwirklichung), weniger auf Gewinn oder Sinn als auf Glaubensüberzeugungen und -antriebe jenseits von Erfolgsanreizen: „Alles, was ihr tut, das tut alles von Herzen als dem HERRN und nicht den Menschen“ (Kol. 3,23).

Eine solche Motivationsstruktur hebt sich sowohl von einer vordergründigen Diesseitigkeit als auch von einer hintergründigen Weltflucht ab. Der Christ ist eben „in der Welt“, aber nicht „von der Welt „, d. h. sein Staatsbürgerrecht ist im Himmel, aber seine Staatsbürgerpflicht auf der Erde.

Die zeitlose Gültigkeit des Wortes Gottes bestätigt sich nicht nur in naturwissenschaftlichen Erkenntnissen. Wer die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen aufmerksam beobachtet, wird ebenso von der Autorität der Bibel überrascht und ins Nachdenken geführt. Sie beschönigt nicht die Bedrohung unseres Wirtschaftssystems durch die Wertekrise, aber sie läßt auch keinen Zweifel an dessen Gesundung durch eine Werteerneuerung.

Herzlich grüßt Sie Ihr
Reinhard Haupt

Gottes Schöpfung entdecken
Eine Einladung an junge Naturbeobachter

 

Nach einem Vortrag am Duden-Gymnasium in Schleiz (Ostthüringen) wurde ich von einem Lehrer auf eine nicht alltägliche Arbeit von zwei Schülerinnen aufmerksam gemacht. Zwei Jahre beobachteten und beschrieben sie die heimische Vogelwelt. Ihre Ergebnisse legten sie in einer beachtenswerten Projektarbeit nieder. Das ist Biologie pur dachte ich und erinnerte mich an manche Forscherbiographie, wo gerade im frühen Lebensabschnitt das Beobachten, das Staunen und das Ordnen der Naturvielfalt wegbereitend für den weiteren Lebensweg wurde.

Wer von unseren jungen Lesern mit Freude die Natur beobachtet und dabei vielleicht auf besondere Details aufmerksam wurde, ist hier eingeladen, davon zu berichten. Motivieren Sie, liebe Leser des „Info“, ihre Kinder, an dieser Stelle eigene Entdeckungen anderen kundzutun.

Wort und Wissen ist dringend auf wissenschaftlichen Nachwuchs angewiesen. Solche Beobachtungen, von denen E. Hempel in dieser und den nächsten Ausgaben des „W+W-Info“ berichten, könnten ein Einstieg in dieses wichtige Feld der Arbeit im Reich Gottes bedeuten.

Henrik Ullrich

Der Flußuferläufer (Actitis hypoleucos) – eine vom Aussterben bedrohte Vogelart

In den folgenden Ausgaben des „Wort und Wissen Info“ möchten wir einige gefährdete Vogelarten unserer Heimat vorstellen. Wir beide (sind Zwillinge) wohnen in Göritz nahe bei Schleiz (Thüringen) und haben vor zwei Jahren in einer Projektarbeit im Fach Biologie den Vogelbestand unserer Umgebung zusammengestellt. Darin sind wir u.a. auf gefährdete Arten eingegangen, die wir hier kurz beschreiben möchten. Durch die Arbeit ging uns erst recht auf, wie schön doch Gottes Schöpfung ist und daß er alles weise geordnet hat (Ps. 104). Wir möchten den Leser dazu aufmuntern, doch selbst Gottes wunderbare Schöpfung zu erforschen und Ihm darüber die Ehre zu geben.

Der Flußuferläufer (Aus Kosmos-Vogelführer, Franck-Verlag, Stuttgart)

Der Flußuferläufer ist ein selten gewordener Brutvogel mit Schwerpunkt in den Mittel- und Hochgebirgen. Seine kurzen Beine und der gerade Schnabel, der kaum länger als der Kopf ist, verleihen ihm ein drolliges Aussehen. Die Oberseite ist braungrau, die Unterseite weiß. Die Seiten der Vorderbrust sind deutlich abgesetzt grau. Der schwache Überaugenstreif betont seine großen dunklen Augen. Im Flug (meist dicht über dem Wasser) wird die weiße Flügelbinde und der lange Schwanz sichtbar. Bürzel und Schwanzmitte sind dunkel, die Schwanzseiten weiß, der Schnabel grau und die Füße graugrün. Diese Tarntracht läßt ihn mit seiner Umgebung (z.B. Ufer-bänke) verschmelzen, so daß Feinde ihn nicht oder nur sehr schwer erkennen, wenn er sich ruhig verhält.

Dieser Vogel zählt zu den Mittel- und Langstreckenziehern, dennoch sind auch in Mitteleuropa Überwinterungen bekannt, aber nur an günstigen Stellen. Die meisten Vögel verbringen die kalte Jahreszeit im Süden der Sahara bis Südafrika. Seinen Brut- und Geburtsorten ist er jedoch treu.

In vielen Teilen des Flachlandes ist er verschwunden, da er ein besonderes Biotop benötigt. Locker bewachsene Kiesbänke, auch steil eingeschnittene Gebirgsflüsse und Gehölzbestände am Wasser, ausgestattet mit festem, sandigem Untergrund sowie einer gut ausgebildeten Krautschicht bevorzugt er. Hier baut er auch sein Nest, wo er relativ große, zugespitzte und blaßbraune Eier mit braunen Flecken und Punkten legt, die beide Partner 21-22 Tage bebrüten.

Die Jungvögel verlassen das Nest sehr zeitig und werden noch 27 Tage danach gefüttert. Als Nahrung dienen Kleintiere, vor allem Insekten-Imagines.

Als Durchzügler hält er sich an Binnengewässern aller Art, auch an kleinsten Tümpeln auf. Da wir direkt am Dorfteich wohnen, konnten wir schon zweimal diesen seltenen Gast beobachten. Das erste mal, als wir 1997 die Arbeit schrieben. Er schien da etwas geschwächt zu sein und wurde von einer Elster vertrieben. Zuletzt sahen wir einen im Frühjahr 1999, wo er sich auch nur sehr kurz am selben Ort aufhielt.

Diese Beobachtungen sind recht bemerkenswert, da der Flußuferläufer im Saale-Orla-Kreis nur als seltener Durchzügler bekannt ist.

E. Hempel

Am 7. Juli wurde im Südwestrundfunk in der Reihe „SWR2 Wissen“ eine bemerkenswerte Sendung unter dem Titel „Der Darwinismus – eine Verdummungskampagne?“ ausgestrahlt. Hauptthema der Sendung war das Buch „Das Darwin-Komplott“ des Wissenschaftsjournalisten Reinhard Eichelbeck. Der Autor, der einige Male im O-Ton zu Wort kommt, hält das darwinistische Verständnis der Evolutionstheorie für unhaltbar; ein Teil der Wissenschaftler propagiere dieses Modell sogar wider besseres Wissen.

Den Aussagen von Eichelbeck werden Zitate aus dem neuen Buch „Gipfel des Unwahrscheinlichen – Wunder der Evolution“ von Richard Dawkins gegenübergestellt. Dawkins ist als kompromißloser Verfechter einer darwinistisch interpretierten Evolutionslehre bekannt; er bringt seine Thesen häufig mit spitzer Zunge zur Sprache. Schließlich kommt als dritter der Evolutionsbiologie Rainer Willmann wieder im O-Ton zu Wort; er vertritt ebenfalls im wesentlichen den klassischen Darwinismus.

Die in der Sendung genannten Argumente von Eichelbeck beinhalten keine neuen Befunde oder Ideen, die nicht schon in der sonstigen evolutionskritischen Literatur zu finden wären. Ebensowenig originell sind die Ansichten Willmanns zur Evolutionslehre. Interessant waren jedoch dessen Äußerungen zum Thema „Schöpfung“; sie dürften weit verbreitete Meinungen zur Schöpfungslehre widerspiegeln und sollen daher hier wiedergegeben und kommentiert werden.

„Design-Fehler?“

Es ist erstaunlich, wie häufig das Argument der „Design-Fehler“ in der Diskussion um Schöpfung und Evolution vorgebracht wird. Es besagt, daß in der Schöpfung zahlreiche Beispiele unzulänglicher Konstruktionen zu finden seien, die nach Meinung der Kritiker in dieser Weise nicht von einem Schöpfer geschaffen worden sein könnten. Das Argument ist mindestens so alt wie Charles Darwins Evolutionstheorie, denn Darwin selbst hat ihm einigen Raum in seiner „Entstehung der Arten“ gewidmet. „Design-Fehler“ seien nun indirekt ein Hinweis auf Evolution, denn – so Rainer Willmann: „Eines ist bei der Evolutionstheorie vielleicht zu bedenken, daß die Evolution nicht zum perfekten Organismus führen kann. Das hängt damit zusammen, daß im Laufe der Jahrmillionen eine Anpassung an unterschiedliche Umwelten stattgefunden hat. Immer so, wie die Umwelt gerade beschaffen war, mußte die Anpassung stattfinden, dann änderte sich die Umwelt und ein neuer Evolutionsweg wurde beschritten. Es wurde immer auf dem aufgebaut, was schon da war. … Man konnte nicht von vorne anfangen und sich überlegen, wie mache ich jetzt eine Konstruktion besser. … Ein intelligenter Schöpfer … würde manches … besser machen.“

„Der Darwinismus – eine Verdummungskampagne?“
Oder: Was in den Augen eines Biologieprofessors gegen Schöpfung spricht

Keine Belege für Schöpfung? Oder fehlt der Blick dafür? Unzählige Beispiele der Schöpfung zeigen optimales, mit Schönheit gepaartes Design, etwa die Vogelfeder. Viele Bauteile müssen zusammenpassen. Eine allmähliche, evolutive Entstehung ist unglaubhaft. Grund genug an einen Schöpfer zu denken.

Ein theologisches Argument für Evolution!? Hier taucht plötzlich ein theologisches Argument auf: Ein Schöpfer würde dies und das nicht tun. Und weil dem so sei, bleibe nur die Erklärung durch Evolution. Doch woher wissen Biologen, wie Gott in der Schöpfung handelt? Hinter dem zunächst verblüffend klaren und eingängigen „Design-Fehler“-Argument steckt in Wirklichkeit eine vielschichtige theologische Problematik. Wenn schon theologisch argumentiert wird, so muß man unter Zugrundelegung der biblischen Schöpfungslehre insbesondere berücksichtigen, daß die heutige Schöpfung nicht mehr die „sehr gute“ Schöpfung vom Anfang ist (1. Mose 1,31), sondern „der Knechtschaft der Vergänglichkeit unterworfen“ ist (Röm 8,19ff.). Die Naturwissenschaftler untersuchen also gar nicht die „sehr gute“ Schöpfung vom Anfang.

Kann man Design-Fehler überhaupt nachweisen? Das Argument ist aber auch naturwissenschaftlich fragwürdig. Denn kein Biologe hat jemals den Beweis angetreten, daß es bessere Konstruktionen der Lebewesen als die tatsächlich verwirklichten gibt. Ob es diese besseren Lebewesen geben könnte, ist bestenfalls Spekulation. Willmann schränkt das „Design-Fehler“-Argument selbst ein, wenn er feststellt, daß Lebewesen nicht nur einer oder wenigen Erfordernissen Genüge leisten müssen: „Ob dabei ein Organismus herauskommt, der dann die vielfältigen Probleme, die in einer natürlichen Umwelt auftreten, bewältigen könnte, das ist eine andere Frage.“ Das „Design-Fehler-Argument“ steht daher auf schwachen Füßen, da „Design-Fehler“ kaum zwingend nachweisbar sind. Dazu müßte erst einmal genau geklärt werden, was ein „Design-Fehler“ überhaupt ist und wie er erkannt werden kann. Darüber hinaus wäre dieser Nachweis (wenn er denn geführt werden könnte) zwar eine Herausforderung für den Schöpfungsglauben, aber an sich noch keinerlei Beleg für Makroevolution. Denn was gegen Schöpfung spricht (oder zu sprechen scheint) ist nicht automatisch ein Argument für Evolution.

Beachtlich ist in jedem Fall, welch hohen Stellenwert dieses Argument als Indiz für Makroevolution einnimmt – nicht nur bei Rainer Willmann, sondern in vielen Abhandlungen zur Evolutionslehre.

„Schöpfungforschung kneift vor ungelösten Fragen“

Als zweiten Grund für die Ablehnung des Schöpfungsgedankens nennt Willmann: „Wenn man sagen würde, das ist alles einmal geschaffen worden, dann muß man sagen, dann kneift man in gewisser Weise, man scheut sich eine Überlegung anzustellen, wie denn ein naturhistorischer Prozeß abgelaufen sein kann, in dessen Rahmen das Leben überhaupt entstanden ist.“ Auch dieses Argument begegnet einem häufig. Was kann ihm entgegengehalten werden? Folgende Punkte können angeführt werden:

1. Jede Anschauung (hier: Evolution / Schöpfung) hat ihre eigenen Fragestellungen. Es gehört nicht zu den Fragestellungen der Schöpfungslehre, die Ursprünge des Lebens, der Baupläne des Lebens, des menschlichen Geistes, menschlicher Wertevorstellungen usw. durch natürliche Prozesse erklären zu wollen. Man kann aus der Sicht der Schöpfungslehre weiter durchaus prognostizieren, daß entsprechende evolutionstheoretische Bemühungen fehlschlagen werden. Aber auch im Rahmen der Evolutionslehre gibt es Fragestellungen, die von vornherein aufgrund inhaltlicher Festlegungen nicht verfolgt werden. So gibt es beispielsweise keinerlei Bemühungen, Grundtypen von Lebewesen zu ermitteln, denn es gehört zu den Inhalten der Evolutionslehre, daß es solche Grundtypen (= geschaffene Arten im Sinne der Schöpfungslehre) gar nicht gibt. Folglich sucht man auch nicht danach. Oder es bemüht sich kein Evolutionstheoretiker darum, Indizien für eine junge Erde zu finden. Denn es gehört dort zum Konsens, der nicht mehr zur Disposition gestellt wird, daß die Erde mehrere Milliarden Jahre alt ist.

2. Auch ein Evolutionstheoretiker kann nicht ausschließen, daß eine Erschaffung der Lebewesen wahr ist. Auch wenn eine Erschaffung naturwissenschaftlich nicht beschreibbar (da nicht direkt beobachtbar) ist, könnte sie dennoch alleine aus erkenntnistheoretischen Gründen wahr sein. Ist Schöpfung aber wahr, erübrigt sich die Suche nach innerweltlichen Entstehungsmechanismen. Das ist dann kein Kneifen, wie Willmann meint, sondern eine logische Schlußfolgerungen aus der geglaubten Voraussetzung der Schöpfung.

„Keine Belege für Schöpfung“

Schließlich behauptet Willmann, es gebe überhaupt keine Belege für Schöpfung: „Das andere ist, für einen einmaligen Schöpfungsakt oder auch mehrere Schöpfungsakte, in deren Rahmen die Vielfalt der Natur entstanden ist, gibt es wirklich nicht den Hauch eines Beleges. Alles was wir sehen ist, daß die Evolutionstheorie die ganze Vielfalt des Lebens erklären kann und sehr gut erklären kann.“ Es wäre interessant zu erfahren, wie sich Willmann Belege für Schöpfung vorstellt. Seine in der Radiosendung geäußerte und im obigen Zitat wiedergegebene Begründung ist nur ein Verweis auf die seiner Meinung nach alles erklärende Evolutionstheorie. Es versteht sich von selbst, daß dies keine Begründung ist. Und daß es gar nicht stimmt, daß die Evolutionstheorie „alles was wir sehen … sehr gut erklären kann“ (s. o.), räumt Willmann wenige Sätze davor selber ein, wenn er zur Frage der Lebensentstehung feststellt: „… da sind sehr viele offene Fragen.“ Man kann Willmann und seine Kollegen nur einladen, sich einmal ernsthaft mit den von ihm vermißten Belegen für Schöpfung auseinanderzusetzen.

Reinhard Junker

10 Jahre STUDIUM INTEGRALE – Reaktionen

 

Auf unseren Beitrag anläßlich des 10-jährigen „Jubiläums“ der Fachberichtsreihe STUDIUM INTEGRALE haben wir einige Reaktionen erhalten, die uns ermutigten, die bisherige Art der Präsentation der Themen in dieser Buchreihe beizubehalten. Da möglicherweise manche Aussagen mißverständlich waren, sei hier klargestellt, daß am fachlichen Anspruch und an der fachlichen Qualität der weiteren geplanten Beiträge nichts geändert werden soll. Der Glaubensstandpunkt soll in den naturwissenschaftlichen Monographien auch weiterhin zurückhaltend – wenn überhaupt – zur Sprache kommen. Das christliche Zeugnis kommt in den populären Schriften und bei den Vortragsdiensten der W+W-Referenten dagegen ausdrücklich und deutlich zur Sprache. STUDIUM INTEGRALE soll unter Wissenschaftlern Vertrauen in die Ernsthaftigkeit der Schöpfungsforschung schaffen. Das uns vertraute christliche Vokabular kann hier abschrecken. Anders als bisher soll aber an passenden Stellen eine schöpfungstheoretische Alternative angesprochen werden, zum Beispiel wenn dadurch die Kritik am Evolutionsmodell verdeutlicht werden kann oder wenn eine schöpfungstheoretische Deutung durch Daten gut belegt werden kann (was leider nicht immer der Fall ist; häufig müssen wir uns im Rahmen einer wissenschaftlichen Interpretation mit Evolutionskritik begnügen).

Ein Leser machte uns darauf aufmerksam, daß es doch eine Buchbesprechunng einer der beiden neueren STUIDUM INTEGRALE-Titel gibt. Er hatte eine Rezension von „Evolution früher Landpflanzen“ (von Reinhard Junker) im Internet entdeckt; sie wurde in der Zeitschrift „Paläontologie aktuell“ bereits im Herbst 1997 publiziert. Leider wurden wir darüber nicht informiert. Die Rezension war in mehrerer Hinsicht aufschlußreich: Die Kritik war recht negativ gehalten, wurde aber kaum durch konkrete Beispiele belegt; in den Beispielen, wo die Kritik konkret formuliert war, erwies sie sich nachweisbar als ungerechtfertigt. Der Rezensent, Paläobotanikprofessor aus Münster, vermerkte am Schluß, daß ihm die schöpfungstheoretische Position des Autors aufgrund anderer Publikationen bekannt sei, wenn sie auch im Buch „Evolution früher Landpflanzen“ nicht thematisiert werde. Dies ist insofern bemerkenswert, als einer seiner Kollegen das Manuskript vor seiner Veröffentlichung begutachtet, für gut befunden und eine Publikation ausdrücklich befürwortet hatte. Es drängt sich der Verdacht auf, daß die Bewertung stark davon abhängt, welche weltanschauliche Position der Autor vertritt – auch wenn sie gar nicht in der Argumentation auftaucht.

Interessenten können die Buchbesprechung und die Antwort des Autors in der Geschäftsstelle anfordern.

Erinnerungen an die Genesis
Rezension von Fred Hartmann

C.H. Kang und Ethel R. Nelson: Erinnerungen an die Genesis. Die Chinesen und die biblische Urgeschichte. 136 S., Hänssler Verlag 1998

Ein wichtiger Bereich der Schöpfungsforschung ist der Nachweis von Spuren der biblischen Urgeschichte in den Sagen und Überlieferungen der Völker. In der älteren1 und neueren2 christlichen Literatur gibt es nur wenige Beispiele, in denen diese Thematik aufgegriffen wird, und das Wissen um Inhalte der ersten 11 Kapitel des AT (Schöpfung, Sündenfall, Sintflut, Turmbau) in den ältesten Traditionen der Menschheit ist selbst unter Bibelkennern nicht überall verbreitet.

Das vorliegende Buch des chinesischen Pastors C.H. Kang und der amerikanischen Pathologin und ehemaligen Missionarin Ethel R. Nelson nimmt sich nun dieser Thematik an und stellt eine interessante und faszinierende Variante aus der chinesischen Kulturgeschichte vor. Worum geht es? C.H. Kang stieß in den 20er Jahren dieses auslaufenden Jahrhunderts in einem chinesischen Lehrbuch auf den Hinweis, daß das chinesische Schriftzeichen für „Schiff“ aus den Elementen „Gefäß“, „Person“ und der Zahl acht zusammengesetzt ist. In einem Kommentar stand dazu als Fußnote, daß „interessanterweise in Noahs Arche, dem ersten großen Boot, acht Personen an Bord waren“. Kang überlegte sich: Wenn das kein Zufall ist, dann müßte es noch mehr Zusammenhänge zwischen der chinesischen Schrift und Inhalten aus der biblischen Urgeschichte geben. Er fand sie und begann eine über 40jährige Forschungsarbeit. In dieser Zeit entdeckte er eine Fülle von Beispielen, in denen er eine Beziehung zwischen Bibel und chinesischer Schrift herstellen konnte.

Das Ergebnis seiner Untersuchungen läßt sich in folgender Behauptung zusammenfassen: Gottgläubige Chinesen haben nach der babylonischen Zerstreuung eine eigene Schriftkultur entwickelt und dabei die Erinnerung an die ersten Ereignisse der Menschheitsgeschichte in den Schriftzeichen festgehalten. Ethel Nelson griff Kangs Forschungsergebnisse auf, strukturierte sie neu und ergänzte sie durch wichtige Hintergrundinformationen über die chinesische Schrift und Kultur. 1974 wurde das Buch in englischer Sprache veröffentlicht und seit 1998 liegt das Werk nach mehrjähriger Vorbereitung nun auch in deutscher Sprache vor.

Was erwartet den Leser bei der Lektüre?

Nach einigen grundsätzlichen Überlegungen zur Gesamtthematik geben die Autoren einen Abriß über die frühe Geschichte und Religion Chinas. Dabei wird der bisher wenig beachtete Umstand hervorgehoben, daß lange vor der Einführung des Buddhismus (1. Jh. v.Chr.) und des Taoismus sowie des Konfuzianismus (5. Jh. v. Chr.) die Chinesen weder Polytheismus noch Götzenkult kannten, sondern nur EINEM Gott dienten, den sie „Shang Ti“ (den himmlischen Kaiser) nannten. (Der monotheistische Ursprung der chinesischen Religion ist übrigens eine Beobachtung, die man bei der Mehrzahl der Völker machen kann. Sie widerspricht der Vorstellung von einer sog. Evolution der Religionen, die eine Entwicklung vom Animismus über den Polytheismus zum Monotheismus postuliert.)

In einer „Einfachen Lektion über das ‚Bilden von Schriftzeichen'“ wird der Leser anschließend in die „Geheimnisse“ der chinesischen Schrift eingeführt, danach kommen die Autoren zum Hauptteil: Sich an der chronologischen Reihenfolge der biblischen Urgeschichte orientierend, entschlüsseln sie zahlreiche Schriftzeichen und führen akribisch genau aus, wie eng die Bedeutung der Schreibsymbole mit Inhalten aus den ersten 11 Kapiteln der Bibel verknüpft ist.

Dazu zwei Beispiele:

Oben wurde schon der Begriff „Schiff“ erklärt. Das Zeichen für Turm stellt eine gleichermaßen verblüffende Übereinstimmung mit urgeschichtlichen Inhalten her (s. Abb.). Es setzt sich zusammen aus „unternehmen“ + „Ton“ der Begriff „Ton“ wiederum aus den Einzelelementen „vereinigt“ + „Unkraut“ (Der Begriff „Unkraut“ wird von Kang/Nelson nach Gen. 3,18 als Symbol für den in Sünde gefallenen Menschen [„Fluch Adams“] gedeutet [S. 109]). Zum Begriff „Turm“ schreiben Kang/Nelson: „Die Chinesen selbst bauten keine Türme oder Pagoden bis zur Einführung des Buddhismus. Dieses Schriftzeichen für Turm muß sich daher mit großer Wahrscheinlichkeit auf den Turm von Babel beziehen“ (S. 110).

Ein weiteres Beispiel: Das chinesische Zeichen für „erschaffen“ setzt sich zusammen aus: Staub + Mund + lebendig (= sprechen) + gehen = erschaffen. Kang/Nelson kommentieren: „Man kann geradezu das Handeln Gottes sehen, wie er einen Körper aus dem Staub der Erde formt und mit seinem Mund dem Menschen, den er aus Erde gemacht hat, den Atem des Lebens (= lebendig) in die Nase haucht und Adam ein lebendiges Wesen wird. Er wurde als Erwachsener geschaffen und war in der Lage zu sprechen und auch zu gehe.“ (S. 53).

Bei allem berechtigtem Erstaunen und aller Faszination angesichts der Nähe vieler chinesischer Schriftzeichen zur Heiligen Schrift muß aber doch einschränkend bemerkt werden, daß manches an Kang/Nelsons Ausführungen auch Interpretation ist bzw. sein kann.

Für den Bibelleser, der an die Authentizität der Urgeschichte glaubt, sind die Erklärungen einleuchtend, wer dagegen die Geschichtlichkeit der biblischen Urgeschichte ablehnt, wird manche Ausführungen von Kang/Nelson als subjektiv und zielgerichtet zurückweisen.

Auch stellen nicht alle in dem Buch erläuterten Schriftzeichen zwingend einen Bezug zur Genesis her3, aber bei der Fülle der vorgestellten Beispiele erhebt sich doch die Frage, ob es für die vielen wirklich verblüffenden Übereinstimmungen eine andere befriedigende Erklärung gibt.

Kang/Nelson sehen das Problem und diskutieren alternative Deutungen, machen aber deutlich, daß für sie die Bewahrung kollektiver Menschheitserinnerungen an die Genesis die einzig plausible Erklärung sei. Die Verfasser sprechen sich darüber hinaus für die historische Gültigkeit der Genesis aus und erteilen Evolutionsvorstellungen eine klare Absage, versprechen aber zu Beginn ihrer Ausführungen, die Fakten wertfrei und undogmatisch darzustellen, um nicht Andersdenkende „vor den Kopf zu stoßen“ (S. 15). Diese Absicht ist redlich und in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung um die Wahrheit der Heiligen Schrift unverzichtbar, wird aber von den Autoren selbst nicht ganz konsequent durchgehalten, denn schon einige Seiten später liest man die provokative Behauptung, daß der Einfluß der Schule durch „evolutionistische Inhalte zur Folge habe, daß viele Menschen eine schlechte Meinung bezüglich der Urgeschichte hätten und nur Aussagen aus der wissenschaftlichen Welt als Tatsachen akzeptierten.“ (S. 22, Hervorhebung v. Verf.)

Auch hier gilt: Die Wahrheit der Bibel läßt sich nicht beweisen, aber sie kann sich dem Suchenden und Glaubenden erschließen. So mag man denn in einer Beurteilung von „Erinnerungen an die Genesis“ die eine oder andere Erklärung zu den chinesischen Schriftzeichen als problematisch bzw. zielgerichtet auf Bestätigung der Bibel hin empfinden, aber in der Gesamtheit der vorgestellten Beispiele – und ich denke, das ist die wirklich angemessene Betrachtungsweise – wird überzeugend ein Zusammenhang zwischen biblischer Urgeschichte und chinesischer Schrift deutlich. Auch wenn es aus erkenntnistheoretischer Sicht keine Beweise für die historische Gültigkeit der biblischen Überlieferung gibt, so verfügen wir doch über zahlreiche Hinweise, die die Glaubwürdigkeit gerade auch der ersten Kapitel der Bibel in ihrem geschichtlichen Anspruch untermauern. Dazu ist „Erinnerungen an die Genesis“ ein interessantes und lesenswertes Beispiel, das sich Bibelleser und an der Thematik Interessierte nicht entgehen lassen sollten.


Anmerkungen

  1. u.a. Lüken: Die Traditionen der Menschengeschichte. Münster 1856 und 1869, Riem: Die Sintflut in Sage und Wissenschaft. Hamburg 1925 und Andree: Die Flutsagen ethnographisch betrachtet. Verlag Friedrich Vieweg und Sohn, 1891.
  2. u.a. Richardson: Ewigkeit in ihren Herzen. Bad Liebenzell 1983 und Hartmann: Der Turmbau zu Babel – Mythos oder Wirklichkeit? Neuhausen-Stuttgart, 1999.
  3. Das Zeichen für „Frucht“ (zusammengesetzt aus den Elementen „Garten“ und „Baum“) erscheint auch ohne den biblischen Hintergrund allein aus botanischer Sicht plausibel und muss nicht zwingend im Sinne der Paradiesgeschichte gedeutet werden, ist aber mit dieser verträglich und fügt sich so gesehen widerspruchsfrei in den Gesamtrahmen der inhaltlichen Aussagen des Buches ein.

Die Wertekrise

R. Haupt, W. Lachmann, S. Schmitz: Die Wertekrise – eine Bedrohung für Wirtschaft und Gesellschaft? Hänssler-Verlag Holzgerlingen. Tb., 216 S.

Der Werteverlust in unserer Gesellschaft, im alltäglichen und privaten Leben, in der öffentlichen und veröffentlichten Meinung, hinterläßt seine Spuren in einer rückläufigen Leistungsfähigkeit unseres Wirtschaftssystems. An aktuellen Entwicklungen, wie z.B. an der „Schattenwirtschaft“, an der Überbeanspruchung des sozialen Netzes, an der Führungsschwäche von Verantwortungsträgern usw., lassen sich die hintergründigen Belastungen der wirtschaftlichen Stabilität aufzeigen: Nicht nur Preise und Kosten, Renditechancen und Ertragserwartungen, sondern auch Einstellungen und Prinzipien, Haltungen und Denkweisen, bestimmen die Leistungsfähigkeit des „Standortes D“. Die Gesellschaft hat allen Grund, weder die Bedrohung durch die Wertekrise zu beschönigen noch an der Zukunftshoffnung zu zweifeln, die durch eine Werteerneuerung auf der Basis christlicher Überzeugungen und biblischer Maßstäbe geweckt wird.

Zeit und Ewigkeit

Werner Gitt: Zeit und Ewigkeit. CLV Bielefeld, 1999. Tb., 160 S.

Über die Zeit haben Menschen aus den unterschiedlichsten Jahrhunderten nachgedacht. Die Aussage des Augustinus „Was ist Zeit? Wenn mich jemand fragt, weiß ich es. Will ich es einem Fragenden erklären, so weiß ich es nicht“ markiert den über mehrere Epochen andauernden, unveränderten Stillstand in der Erkenntnis eines grundlegenden Phänomens. Daß eine so zentrale und unser aller Leben betreffende Grundgröße nicht besser verstanden wird, muß zum Beginn des neuen Jahrtausends als große Herausforderung angesehen werden.

Im ersten Teil des Buches wird die Zeit als physikalische Größe betrachtet, wobei zahlreiche Details zusammengetragen werden. Im zweiten Teil wird ein neuartiges, bisher unbekanntes Konzept zum Thema Zeit vorgestellt.

Als Informatiker kommt der Autor zu einer ebenso unerwarteten wie überraschenden Lösung, indem er das von ihm entworfene Konzept der Information auf die Zeit anwendet. Bemerkenswert ist, daß sein neu erarbeitetes Verständnis von Zeit (Teil II des Buches) mit den zahlreichen biblischen Aussagen im Einklang steht. Im dritten Teil des Buches steht die Ewigkeit im Zentrum des Interesses. Jenseits der Todesmarke gibt es keine Zeit mehr. Die Zeit zerbricht an der Ewigkeit. Die Darlegungen regen zum Mitdenken an und führen in eine Wirklichkeit, die wir nur unter biblischer Anleitung begreifen können.