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C. T. Gee, V. E. McCoy & P. M. Sander : „Fossilization. Understanding the material nature of ancient plants and animals“

Johns Hopkins University Press, Baltimore, 2021, 274 Seiten; 120,00 USD


Nachfolgend eine Rezension von Harald Binder:

Was wissen über die Prozesse zur fossilen Überlieferung?

Am Institut für Geowissenschaften der Universität in Bonn läuft seit 2018 eine von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Forschungsgruppe (FOR 2685): „Die Grenzen des Fossilberichts: Analytische und experimentelle Ansätze zum Verständnis der Fossilisation.“ Das hier rezensierte Buch ist der 14. Beitrag im Rahmen der Veröffentlichungen des Projekts (Einzelbeiträge im Buch sind ebenfalls als nummerierte Projekt-Beiträge angeführt). Die Mitherausgeberin Carole T. Gee schreibt im Vorwort, dass in dem Buch Antworten auf folgende Fragen behandelt werden: Wie fossilisieren Lebewesen? Woraus bestehen Fossilien jetzt? Sie betont, dass zur Beantwortung dieser Fragen die Kooperation von Wissenschaftlern aus unterschiedlichsten Fachbereichen erforderlich ist, wie Paläontologie, Geochemie, Biochemie, aber auch Mineralogie und Mikrobiologie. In 10 Kapiteln werden auf 255 Seiten von einer Vielzahl von Autoren verschiedene Aspekte der bisher gewonnenen Erkenntnisse präsentiert. Die 16 verantwortlichen Autoren und Autorinnen werden am Ende des Buches jeweils kurz mit Bild vorgestellt.

Ein faszinierendes Thema in 10 ausgewählten Kapiteln

Die Überschriften der 10 Kapitel vermitteln einen ersten Eindruck in die behandelten Themen:
1. Introduction of the limits of the fossil record.

2. Organic phase preservation in fossil dinosaur and other tetrapod bones from deep time: extending the probable osteocyte record to the early Permian.

3. Fossilization of reproduction-related hard and soft tissues and structures in non-avian dinosaurs and birds.
4. Raman spectroscopy in fossilization research: basic principles, applications in paleontology, and a case study on an Acanthodian fish spine.

5. From ultrastructure to biomolecular composition: taphonomic patterns of tissue preservation in Arthropod inclusions in amber.

6. Experimental silicification of wood in the lab and field: pivotal studies and open questions.

7. The structure and chemistry of silica in mineralized wood: techniques and analysis.

8. Exceptional fossilization of ecological interactions: plant defenses during the four major expansions of Arthropod herbivory in the fossil record.

9. Color in living and fossil plants: the search for biological pigments in the paleobotanical record.

10. The future of fossilization.

Fossile Überlieferungsgeschichte erforschen

Im ersten einführenden Kapitel betonen Gee und Sanders, dass der Fossilbericht die bedeutendste, aber fragmentarische, Informationsquelle für die Geschichte der Lebewesen auf der Erde darstellt. Durch den erst wenig verstandenen Prozess der Fossilisation gehen viele der Informationen verloren, die die ursprünglichen Organismen charakterisieren. Als Gründe für ein wiedererwachtes Interesse an der Paläontologie nennen die Autoren u. a. die Entdeckung und Kenntnis von bemerkenswerten Fossilien, das Auffinden neuer Lagerstätten und neue hochauflösende Analysetechniken. Für die Untersuchung des Prozesses der Fossilisation schlagen sie eine Unterscheidung der verschiedenen Gewebetypen und die für sie typischen Erhaltungsprozesse vor. Neben der klassischen Erhaltung von mineralisiertem Gewebe (Hartteile) wird die Erhaltung von nichtmineralisiertem Gewebe angeführt. Hier ist zu unterscheiden zwischen der etablierten Weichteilerhaltung (mineralisierte Abbildung von im Organismus nicht mineralisierten Gewebeteilen, wie z. B. der Haut(-struktur)) und Erhaltung von Gewebe ohne Mineralisierung. Als weiterer Bereich wird die Veränderung von nichtmineralisiertem Gewebe und organischer Substanzen bei der Fossilisation genannt. Interessant ist, dass die Autoren ausdrücklich betonen, dass der Vorgang, der zur Erhaltung von nichtmineralisiertem Gewebe von Tieren nach deren Tod führt, extrem schnell abgeschlossen sein muss – nämlich im Bereich von Stunden bis Tagen.

Dinosaurierfossilien mit Überraschungen

In Kapitel zwei wird eröffnet mit einem kurzen Rückblick auf die wenig beachteten Veröffentlichungen zur Erhaltung von organischen Resten in Fossilien. Dann werden vor allem die Arbeiten von M. H. Schweitzer zu Fragmenten von biochemischen Makromolekülen (Collagen und andere Strukturproteine) an Dinosaurier- und anderen Fossilien vorgestellt und diskutiert. Schweitzer hatte in mehreren Arbeiten in sorgfältigen Untersuchungen eine Vielzahl von Befunden vorgelegt, die eine fossile Überlieferung von Gewebestrukturen und Fragmenten von Proteinen aus Dinosauriern aus der Kreide sehr plausibel gemacht haben[1]. Auch die Kritik an Interpretationen von Schweitzer wird präsentiert (Biofilme, Artefakte, Verunreinigungen) und mit der Bewertung eingeordnet, dass sich die Erkenntnisse von Schweitzer weitgehend durchgesetzt haben. Abschließend stellen die Autoren dieses Kapitels auch konkrete eigene Forschungsergebnisse vor, nämlich die Isolation und Charakterisierung von Strukturen aus fossilen Überresten eines Amphibs (Eryops) aus dem frühen Perm von Texas, die Knochenzellen (Osteocyten) auffallend ähnlich sind,. Das wären die mit Abstand ältesten erhaltenen Osteocyten, nachdem die bisher ältesten aus der Mittleren Trias stammten. Angefügt ist diesem Kapitel noch eine tabellarische Darstellung der bisher veröffentlichten Arbeiten von organischen Geweberesten aus in fossilen Knochen, wobei neben den geowissenschaftlichen Angaben zu den Fossilien auch die jeweils angewendete Extraktionsmethode und Analysentechniken vermerkt sind.

Fossile Hinweise auf frühere Fortpflanzung

Im dritten Kapitel werden Strukturen behandelt, die mit der Fortpflanzung von Organismen und deren fossiler Erhaltung im Zusammenhang stehen. Dabei werden zunächst neuere Erkenntnisse bei Untersuchungen fossiler Überreste von Eiern von Reptilien und Vögeln vorgestellt. Neue, hochauflösende Analysemethoden ermöglichen hier sowohl bei der Hartteilerhaltung, den mineralischen Komponenten der Eischalen, als auch bei den organischen Überresten neue Einsichten. In fossilen Eiern konnten Hinweise auf Pigmentierung von Sauriereiern und auf Bausteine von Eihäuten nachgewiesen werden. Das von Vögeln bekannte medulläre Knochengewebe – das ist ein vorübergehend gebildetes Knochengewebe in Vogelweibchen, das als Vorrat für den Aufbau der kalkhaltigen Umhüllung der Eier dient – konnte in aufsehenerregenden Studien auch in Saurierfossilien nachgewiesen werden. Hierzu wurden vor allem Raman-Spektroskopie[2] und spezielle massenspektrometrische Methoden genutzt.

Spektroskopische Methoden in der Paläontologie

Der Anwendung der Raman-Spektroskopie in der paläontologischen Forschung widmet sich das vierte Kapitel. Dabei werden zunächst die theoretischen und praktischen Prinzipien dieser spektroskopischen Methode eingeführt. Basierend auf der Raman-Spektroskopie wurden Verfahren entwickelt, die eine ungefähre Abschätzung von maximalen Temperaturen bei Prozessen der geologischen Gesteinsumwandlung (Metamorphose) erlauben (± 25–30 °C). Die Autoren zeigen die Leistungsfähigkeit der spektroskopischen Methode anhand der Untersuchung des Flossenstachels eines Stachelhais (Acanthodii) aus dem Unteren Devon des Hundsrücks (Schiefer). Dabei finden sie verschiedene Phasen von Kalziumphosphat und eine maximale Temperatur für die Metamorphose von ca. 350 °C. Die Autoren betonen jedoch abschließend, dass diese weitgehend zerstörungsfreie spektroskopische Methode in der Paläontologie mit anderen Analysetechniken kombiniert werden muss.

Eingeschlossen in fossilem Harz

In Kapitel fünf wird die Erhaltung von in fossilem Harz eingeschlossenen Insekten behandelt. Die Autoren stellen zunächst fest, dass in Bernstein die Ultrastruktur von Gewebe der Inklusen außerordentlich gut erhalten ist. Weiter weisen sie daraufhin, dass einige Einschlüsse nur die äußeren Hüllen aufweisen, während bei anderen sogar innere Gewebe erhalten sind. Zur Frage nach der Erhaltung von Biomolekülen in Bernstein skizzieren die Autoren die geschichtliche Entwicklung der Forschung seit dem frühen 20. Jahrhundert, als die ersten Nachweise von Chitinhüllen bei von Harz umschlossenen Insekten erfolgten. DNA konnte bisher nicht in Inklusen nachgewiesen werden, wogegen es Hinweise darauf gibt, dass Proteinfragmente zu finden sein können. Beim Versuch, Muster in der Taphonomie[3] zu erkennen, unterscheiden die Autoren drei Phasen: Der Einschluss des Lebewesens in das Harz zeigt als erster Schritt nach bisherigen Erkenntnissen eher wenig Einfluss auf die Erhaltung. Dann folgt eine erste, frühe Phase der Diagenese (Umwandlung), in der das Harz und seine flüchtigen Bestandteile mit dem eingeschlossenen Objekt wechselwirken. Dabei scheinen Weichen für den weiteren Verlauf der Veränderung der Inkluse gestellt zu werden. Die dritte Phase umfasst die Prozesse während der Zeit der geologischen Lagerung. Die Autoren machen abschließend deutlich, dass wir im Verständnis dieser Prozesse noch am Anfang stehen und ermutigen zu weiteren Forschungen.

Wie versteinert Holz?

Im sechsten Kapitel stellen die Autoren bisher gewonnene Erkenntnisse über die Verkieselung von Holz vor. Durch Silikatmineralien erhaltene Baumstämme sind bekannt z. B. durch den „versteinerten Wald“ aus dem Chemnitzer Becken (Unteres Perm) und die „Petrified Forests“ (aus dem gleichnamigen Nationalpark in Arizona, USA; Obertrias); aber auch von vielen andern Orten der Welt kennen wir verkieselte Pflanzenreste. Diese Art der Erhaltung überliefert faszinierende Details verschiedener Gehölze bis hin zu Gewebeaufbau und ultrastrukturellen Details. Um den Prozess der Erhaltung zu verstehen, haben bereits Alchemisten im Mittelalter versucht, Holz durch kieselsäurehaltige Lösungen in Stein umzuwandeln. Die Autoren dokumentieren die Bemühungen, Hölzer im Labor unter kontrollierten Bedingungen zu verkieseln, ebenso wie auch Versuche mit natürlichen kieselsäurehaltigen Lösungen z. B. aus hydrothermalen Quellen. Dabei spielt auch die Umwandlung des Silikats in verschiedene Mineralformen im Verlauf der Diagenese eine Rolle. Neben vielen offenen Fragen verweisen die Autoren darauf, dass über die Rolle der Borke beim Tränken des Pflanzengewebes mit kieselsäurehaltigen Lösungen bisher noch wenig bekannt ist. Die Borke schützt das Gehölz vor dem Eindringen von irgendwelchen Medien von außen.

Verkieseltes Holz unter der Lupe

Die analytischen Methoden, die zur weiteren Erforschung von mineralisierten Gehölzen derzeit verfügbar sind, werden im folgenden siebten Kapitel vorgestellt. Einleitend stellen die Autoren fest, dass es keine genaue Korrelation zwischen der Silikat-Mineralisierung und dem Alter gibt und dass heute keine neue Verkieselung von Gehölzen beobachtet wird, die mit denjenigen in den versteinerten Wäldern vergleichbar ist. Sie stellen analytische Techniken vor, mit denen die Kristalle der Silikat-Mineralien vermessen werden können und wie auf dieser Basis die Randbedingungen abgeschätzt werden, die in der Vergangenheit zu den außerordentlichen Fossilien geführt haben. Die Röntgenstreuung (X-ray diffraction) ermöglicht, das Kristallgitter und damit die Art der in einer bestimmten Probe vorliegenden Kristallstruktur zu bestimmen. Damit können verschiedene Varietäten von Opal (amorph, nicht kristallin bis mikrokristallin) und Quarze unterschieden werden.

Raman-Spektroskopie erlaubt die Unterscheidung kristalliner Strukturen auf typischerweise polierten Oberflächen auf sehr kleinen Flächen (im Bereich von 1 µm Kantenlänge). Damit lassen sich auch zweidimensionale Karten der Oberfläche darstellen. Auch Rückstände der ehemaligen Holzstruktur können so sichtbar gemacht werden.

Optische Mikroskopie gekoppelt mit Lumineszenz-Techniken können strukturelle Merkmale in verkieselten Hölzern kontrastreicher darstellen. Dabei werden mit fokussiertem Licht (UV) oder Elektronenstrahlen (Kathoden) typischerweise Elektronen an Fehlstellen im Kristallgitter energetisch angeregt, die bei Rückkehr in einen energieärmeren Zustand Licht ausstrahlen (Lumineszenz). Kathodolumineszenz stellt eine Technik dar, mit welcher die Aussagekraft mikroskopischer Methoden deutlich erhöht werden kann. Elektronenmikroskopische Techniken machen unterschiedliche Wachstumsstrukturen von Silikaten in verkieselten Gehölzen zugänglich.

Die Untersuchung der chemischen Zusammensetzung der versteinerten Hölzer ermöglichen röntgenspektroskopische Methoden und massenspektrometrische Methoden, denen eine Laserablation vorgeschaltet ist (LA-ICP-MS); damit können auch Spurenelemente in den Silikaten mit hoher Empfindlichkeit und räumlicher Auflösung dargestellt werden. Die Autoren demonstrieren eine Kombination verschiedener Untersuchungstechniken an versteinertem Holz von Koniferen aus Australien (Karbon). Sie erhoffen sich von einem zunehmend besseren Verständnis der mineralhaltigen Lösungen, die zur Fossilisierung beitragen, auch Einblicke in das Geheimnis, dass fossile Knochen und Pflanzen so selten gemeinsam erhalten werden.

Pflanzen gegen Fressfeinde – fossile Hinweise

Im achten Kapitel werden fossil erhaltene Hinweise auf pflanzliche Verteidigungsstrukturen gegen Herbivoren (Pflanzenfresser) beschrieben. Dabei werden die Interpretationen einer der Autoren zugrunde gelegt, dass es in Verlauf der Erdgeschichte vier unterscheidbare Etappen massiver Ausbreitung von Herbivoren gegeben habe (meist Mikroben oder Insekten). Zunächst findet man ab dem frühen Devon pflanzliche Überreste mit Hinweisen auf Schädigung durch stechende und saugende Organismen, auf welche das Gewebe mit Kallusbildung[4], schnellem Zellwachstum, Zellvergrößerung und Verdickung der Zellwände zu reagieren scheint. Erst im weiteren Verlauf des Devons tauchen auch dornenartige Strukturen auf oder auch sogenannte Phytolithe, also mineralische Strukturen in Pflanzenteilen.

Die zweite Expansionsetappe wird im späten Paläozoikum (Mittleres Karbon) verortet. Hier sind auch Fossilien von fliegenden Insekten bekannt. Es finden sich auch bereits fast alle Formen der Pflanzenschädigung fossil repräsentiert; ausgenommen die Minierung von Blättern. Es werden viele trichomartige Strukturen beschrieben, also haarähnliche Strukturen auf der Pflanzenoberfläche. Einige davon zeigen Hinweise auf chemische Verteidigungsstrategien.

Die dritte Phase wird mit der Mittleren Trias verknüpft. Hier finden sich fossile Hinweise vor allem auf Schädigung durch Käfer und erste Hinweise auf Blattminierung. Fossil liegen hier außerdem Hinweise auf Blattwechsel vor, dass also Blätter für begrenzte Zeit gebildet und dann abgeworfen werden und damit Schädigungen am Blatt vergleichsweise wenig Schaden für die ganze Pflanze bedeuten. Außerdem finden sich hier auch fossilisierte sklerophylle Pflanzenstrukturen wie z. B. harte, trockene und raue Blätter. Auch vereinzelte Funde, die auf Mimikry hinweisen, sind dokumentiert.

Den vierten und letzten Schub an Pflanzenfressern sehen die Autoren in der Kreide mit der Ausbreitung der Angiospermen (bedecktsamige Blütenpflanzen). Hier scheinen vermehrt phytolithische Strukturen bei Pflanzen aufzutreten, aber auch die zuvor genannten Strukturen wie Trichome sind fossil nachgewiesen.

Die Autoren fordern abschließend vermehrte Forschung auch an schon lange bekannten Fossilien mit den heute zugänglichen Techniken, um das Auftreten der pflanzlichen Verteidigungseinrichtungen besser zu verstehen.

Farben bei Pflanzen und im Fossilbefund

Im neunten Kapitel stellen die beiden Autorinnen zunächst die Farbe hervorrufenden Stoffe in Pflanzen zusammen: vor allem verschiedene Pigmente, die Pflanzen im sekundären Stoffwechsel produzieren, aber auch die wenigen bisher untersuchten Beispiele für Strukturfarben und Lumineszenz in Dinoflagellaten. In den grünen Blättern von Pflanzen finden sich vor allem Chlorophylle (Grüntöne) und Anthocyane (Rottöne) als farbgebende Pigmente. In fossil erhaltenen Blättern herrschen jedoch – wenn farbliche Auffälligkeiten vorliegen – braune bis schwarze Farbtöne vor, die vor allem auf abgebautes organisches Material (Inkohlung) zurückzuführen sind. Die grünlich schimmernden pflanzlichen Überreste aus dem Miozän des Geiseltals, die Succor-Creek-Flora in Oregon und die Clarkia-Flora in Nord-Idaho, beide in den USA, stellen erstaunliche Ausnahmen dar. Es konnten bisher in Proben aus den drei Fundorten Chlorophyllderivate nachgewiesen werden, die sich aber von den typischen Strukturen in lebenden Pflanzen unterscheiden.

Die verschiedenen Braun- (bis Grau-) Töne von Holz beruhen weitgehend auf Lignin, das neben Zellulose und Hemizellulose am Aufbau von verholzten Pflanzenteilen beteiligt ist. Lignin ist ein uneinheitliches komplexes Polymer mit phenolischen Strukturelementen. Holz wird fossil als kohlige Kompression oder als mineralisiertes Holz überliefert. Abschließend ermutigen die Autorinnen, in Untersuchungen gezielt nach erhaltenen Überresten von pflanzlichen Pigmenten zu suchen. Diese sind zwar insgesamt selten, aber mit den verfügbaren Analysetechniken sind die Chancen  groß, Pigmentüberreste nachweisen zu können. Damit könnte ein Beitrag geleistet werden, Fossilisationsprozesse besser zu verstehen.

Bitte mitmachen!

Im abschließenden zehnten Kapitel skizziert Victoria McCoy, eine der Herausgeberinnen, Zukunftsperspektiven der Erforschung der Fossilisation. Sie sieht das seit wenigen Jahren neuerwachte Interesse an der fossilen Überlieferungsgeschichte vor allem auf drei Erkenntnissen beruhend, die in den letzten Jahren gewonnen worden sind: Weichteile wie z. B. Haut und Muskeln können wie Hartteile fossilisieren (1); erste Schritte von Fossilisationsprozessen können im Labor nachgestellt werden (2); fossil erhaltene Weichteile können ursprüngliche biologische Reste enthalten, die wenig oder gar nicht verändert sind; typischerweise in Form von organischen Biomolekülen (molekulare Paläontologie) (3). Durch weitere Laborversuche, in denen Fossilisierungsprozesse unter kontrollierten Bedingungen nachgestellt werden, und unter Nutzung neuester Techniken der Analytik könnte die Paläontologie wichtige Beiträge zu einem wachsenden Verständnis von Lebewesen in Verlauf der Erdgeschichte leisten.

Abschließende Bemerkungen und Fazit

Die Bedeutung des hier vorgestellten Buches liegt darin, dass für die ausgewählten Aspekte zum Themenfeld Fossilisation der Stand der derzeitige Erkenntnisstand gut dargestellt ist. Oft haben Wissenschaftler, die selbst Beiträge dazu geleistet haben, die wichtigsten und wegweisenden Aspekte bisheriger Forschung ausgewählt und zusammengestellt. Insofern ist dieses Werk ein Standard für alle, die an diesem Thema interessiert sind (wobei der Preis eine Hürde für den Erwerb darstellen dürfte). Es lohnt sich, die Texte aufmerksam zu lesen, da sich darin einzelne Sätze finden, die wie Perlen wirken: erstaunlich, faszinierend und zum eigenen kritischen Weiterdenken ermutigend, wie z.B.: „All diagenetic mineralization processes of nonmineralized animal tissues have an extremely rapid onset after the death of the organism, from only hours to days, with the process possibly completed within a nongeological time frame.“[5] (p. 9) oder: „Further, detailed knowledge about the fossilizing fluids may resolve the enigmatic topic as to why fossil bone and plants are so rarely preserved together”[6] (p. 179).

Bemerkenswert ist die Erwartung mancher der Autoren, wenn sie die Zukunftsperspektiven des paläontologischen Forschungszweigs ihres Themas skizzieren. Dabei vermitteln sie den Eindruck, als würden die Prozesse der Fossilisation systematische Naturgesetzlichkeiten widerspiegeln, die es zu studieren gälte, und vernachlässigen dabei, dass die fossile Überlieferung doch gerade darin ihr Spezifikum aufweist, dass sie die Ausnahmen von den typischen Zerfalls-, Auflösungs- und Recyclingprozessen darstellt, denen Organismen nach deren Tod unterliegen. Die fossile Erhaltung scheint fast ausnahmslos von außergewöhnlichen Umständen initiiert zu sein.

Gewundert hat es den Rezensenten, dass bei der Darstellung der überraschenden Befunde zur Erhaltung ursprünglicher biochemischer Komponenten und Strukturen (molekulare Paläontologie) bei sehr alten Fossilien die Diskrepanz zur etablierten Erwartung bezüglich zeitlicher Fragen nicht thematisiert worden ist; das könnte doch auch ein starkes Motivationselement sein für ein Engagement in diesem Forschungsbereich! Für Interessenten, die paläontologische Befunde vom Standpunkt eines Schöpfungsverständnisses aus betrachten und interpretieren, ist es gut, den „state of the art“ der Forschung kennen zu lernen. Einige der eingestreuten Bemerkungen über die Grenzen der gesicherten Aussagen in diesem Bereich der Paläontologie können hier ermutigen!

Das Buch sei an Paläontologie Interessierten uneingeschränkt zur Lektüre empfohlen! Auch auf die Gefahr hin, dass dadurch die Halbwertszeit der Aktualität dieses Werkes verringert werden könnte. Der Wunsch, dass Kollegen aus vielen verschiedenen Fachbereichen synergistisch zusammenarbeiten, könnte dazu führen, dass rasch Fortschritte im Verständnis der Prozesse zur fossilen Erhaltung gemacht werden.

Anmerkungen

[1] Siehe H. Binder (2020) Elastisches Gewebe, Zellbausteine und Proteinfragmente in Dinosaurierfossilien. https://www.wort-und-wissen.org/artikel/elastische-gewebereste-zellbausteine-und-proteinfragmente-in-dinosaurier-fossilien/

[2] Bei der Raman-Spektroskopie wird das von der von der zu untersuchenden Probe gestreute Licht der Lichtquelle (typischerweise Laser) untersucht. Durch die Wechselwirkung des Lichts mit der Materie liefern die Spektren Informationen über verschiedene Materialeigenschaften.

[3] Taphonomie wird im deutschen Sprachgebrauch oft synonym für Fossilisation verwendet. In der Taphonomie (gr.: taphos = Grab) werden die Abläufe untersucht, denen die materiellen Überreste eines Organismus nach dessen Tod unterworfen sind.

[4] Unter Kallus versteht man in der Botanik ein Gewebe aus undifferenzierten Zellen, die ungerichtet wachsen.

[5] Alle diagenetischen Mineralisierungsprozesse von nicht mineralisiertem Gewebe von Tieren beginnen außerordentlich rasch nach Eintritt von deren Tod. Innerhalb von Stunden bis Tagen läuft der Prozess vollständig ab, völlig außerhalb eines geologischen Zeitrahmens.

[6] Weitere, detaillierte Kenntnisse mineralhaltigen Lösungen, die zur Fossilisierung beitragen, könnten das Geheimnis lösen, warum fossile Knochen und Pflanzen so selten gemeinsam erhalten sind.